Brandschutz in der Installationstechnik

Worauf achten bei Rohrbefestigungen?

Stahl brennt nicht, aber er kann versagen. Damit Rettungswege im Brandfall nicht durch herabstürzende Leitungen versperrt werden, müssen die Rohrbefestigungen hohen Ansprüchen genügen. Welche Normen sind für den Leitungsbau relevant? Woran können sich Anwender bei der Produktauswahl orientieren? Welche Prüfverfahren und Nachweise gibt es? Der Beitrag befasst sich mit der Befestigungstechnik bei der brandschutzgerechten Planung von Rohrtrassen.

Montageschienen, Gewindestangen und Rohrschellen verformen sich bei starker Hitze, verlieren an Tragekraft und versagen nach einer gewissen Zeit den Dienst. Die Festigkeit und Elastizität von Stahl verringert sich bei 800 °C – diese Temperatur wird nach etwa 30 Minuten Brandzeit erreicht – auf rund 10 % des Nennwertes. Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Eine 1500 mm lange Schiene 45-45-2,5 mm wird mittig belastet. Beträgt die zulässige Belastung ohne Brandeinwirkung (mit RAL-Sicherheit) rund 160 kg, reduziert sie sich nach 30 Minuten Brandeinwirkung (vollplastisch) auf ca. 20 kg. Damit Rettungswege im Brandfall begehbar bleiben, muss die Befestigungstechnik auch bei hohen Temperaturen ihre Funktion auf jeden Fall eine bestimmte Zeit lang erfüllen – mindestens 30, 60 oder 90 Minuten lang, je nachdem, welche Feuerwiderstandsdauer für das Gebäude bzw. den Gebäudeteil vorgeschrieben ist.

Für Verwirrung sorgt manchmal, dass Rohrbefestigungen nicht als tragende Bauteile gemäß DIN 4102 gelten. Die Norm definiert den Brennbarkeitsgrad von Baustoffen und die Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen. Weil das Brandverhalten von Montageschienen, Rohrschellen etc. von der DIN 4102 jedoch nicht geregelt wird, ist eine Zulassung der Produkte nach den dort festgelegten Feuerwiderstandsklassen F30, F60, F90 oder F120 nicht möglich. Die Hersteller von Befestigungstechnik stehen somit vor der Herausforderung, ihren Kunden auf andere Weise die Sicherheit zu geben, dass ihre Stahlschienen oder Schellen über die jeweils geforderte Feuerwiderstandsfähigkeit verfügen. Bevor die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Hersteller beim Thema Brandschutz näher erläutert werden, ein kurzer Blick auf die gesetzlichen Grundlagen. Von Bedeutung für das Thema Brandschutz im Rohrleitungsbau sind vor allem die Musterbauordnung (MBO) und die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR).

Brandschutzbestimmungen

Auf der Musterbauordnung (MBO) basieren die Bauordnungen der einzelnen Bundesländer. Sie wird regelmäßig von der Bauministerkonferenz (ARGEBAU) aktualisiert. Als Ziele des Brandschutzes legt die MBO fest (§ 14):

➤ Die Entstehung eines Brandes und die Ausbreitung von Feuer und Rauch zu verhindern.

➤ Die Rettung von Menschen und Tieren bei einem Brand zu ermöglichen.

➤ Wirksame Löscharbeiten zu ermöglichen.

Um dies zu erreichen, unterteilt man Gebäude in Rauch- bzw. Brandabschnitte. Brandwände, feuerwiderstandsfähige Trennwände und Decken kommen zum Einsatz (z. B. F30, F60, F90). Leitungsanlagen sind laut MBO § 40 in so genannten notwendigen Treppenräumen nur dann zulässig, wenn sichergestellt ist, dass ihre Nutzung als Rettungsweg im Brandfall ausreichend lang möglich ist. Dasselbe gilt für notwendige Flure und für Räume zwischen notwendigen Treppenräumen und Ausgängen ins Freie.

Die Feuerwiderstandsfähigkeit aller tragenden Bauteile muss in allen Fällen gewährleistet sein. Öffnungen sind in diesen Bauteilen nur zulässig, wenn sie auf die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind. Sie müssen feuerbeständig und dicht sein und selbstschließende Abschlüsse haben. Bei Leitungsdurchführungen kommen geprüfte Abschottungen zum Einsatz. Die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) regelt die detaillierten Anforderungen an brandgeschützte Leitungsanlagen, etwa in Rettungswegen. Der Geltungsbereich dieser ebenfalls von der Bauministerkonferenz veröffentlichten Richtlinie umfasst Wohngebäude, Büro- und Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Altenpflegeheime, Hochhäuser sowie industrielle und landwirtschaftliche Gebäude. Die MLAR gilt für Leitungen in notwendigen Treppenräumen und Fluren, in Räumen zwischen notwendigen Treppenräumen und Ausgängen ins Freie sowie für Leitungen durch raumabschließende Bauteile (Wände und Decken). Zudem regelt sie den Funktionserhalt von elektrischen Leitungen im Brandfall. Sie gilt jedoch nicht für Lüftungs- und Warmluftheizungsanlagen – für diese gibt es eine gesonderte Muster-Richtlinie, die M-LüAR.

Offen und verdeckt verlegte Rohrleitungen

Die MLAR unterscheidet zwischen Rohrleitungsanlagen für nichtbrennbare Medien und solchen für brennbare oder brandfördernde Medien. Leitungen für nichtbrennbare Medien können offen verlegt werden, wenn die Rohre selbst, einschließlich der Dämmung, aus nichtbrennbaren Materialien bestehen. Ausnahme: Die Rohrbeschichtung (bis 0,5 mm) darf brennbar sein, ebenso die Dichtungs- und Verbindungsmittel – also etwa SIMA-Verbinder mit Gummidichtung (Baustoffklasse B2 = normalentflammbar) oder auch Rohrschellen mit Einlagen aus Silikon oder dem synthetischen Kautschuk EPDM. Sind die Rohre oder die Dämmung hingegen aus brennbaren Werkstoffen, müssen die Leitungen verdeckt verlegt werden, also unter Putz, über Zwischendecken, in Installationsschächten, Unterflurkanälen oder geeigneten Systemböden.

Andere Vorgaben gelten für Leitungen für brennbare oder brandfördernde Medien. Hier müssen sowohl das Rohr selber als auch die Rohrdämmung aus nichtbrennbarem Material bestehen. Ausgenommen sind wieder die Dichtungs- und Verbindungsmittel sowie die Rohrbeschichtung. Diese Leitungen müssen entweder unter Putz oder in Installationsschächten oder -kanälen verlegt werden. Offen verlegt werden darf nur, wenn die Dichtungen der Rohrverbinder hitzebeständig sind. Bei offen verlegten Rohrleitungen rückt die Frage der Befestigungstechnik in den Fokus: Sie muss brandschutztechnisch geprüft oder ausgelegt sein. Dies gilt für Rohrschellen, Montageschienen und Dübel.

Rohrschellen im Brandfall

Stahl ist ein guter Wärmeleiter, so dass sich im Brandfall die Temperatur der Rohrschellen rasch der Umgebungstemperatur anpasst. Mit steigender Temperatur büßen die Rohrträger an Tragfähigkeit ein, und sie verformen sich. Die vertikale Längenänderung von Rohrschellen und Gewindestangen im Brandfall spielt in der Praxis etwa dann eine Rolle, wenn Rohre oberhalb von Brandschutzzwischendecken montiert sind. Es muss sichergestellt werden, dass sich die Rohrleitung im Brandfall nicht so tief absenkt, dass sie die Decke berührt. Um zuverlässige Aussagen über die Veränderungen der Bauteile bei hohen Temperaturen treffen zu können, ist neben der rechnerischen Beurteilung auch eine Prüfung von Rohrschellen und Gewindestangen im Brandofen erforderlich (siehe Kasten „Rohrschellen im Brandversuch“). Materialprüfanstalten führen die Tests in Anlehnung an DIN 4102 im Auftrag der Hersteller durch und dokumentieren die Ergebnisse in Untersuchungsberichten. Anhand des Versuchsablaufs zeigt sich, wie sich Rohrschelle und Abhängung vertikal verformen und welche Last das System nach einer bestimmten Zeit noch tragen kann. Die zulässige Last sinkt mit steigender Temperatur. Sie lässt sich im Brandversuch bis zur jeweils definierten Feuerwiderstandsdauer ermitteln. Neben der Feuerwiderstandskurve wird im Versuch auch die Last-Verformungskurve ermittelt. Anhand dieser Kurve können Planer passend zum konkreten Installationsfall die Befestigungsabstände zwischen den Rohrschellen festlegen; wenn bspw. eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten gefordert ist und die Leitung sich aufgrund der räumlich beengten Einbausituation nicht beliebig absenken darf. Die im Brandfall eintretende vertikale Längenänderung der Rohraufhängung lässt sich durch Reduktion der Last – also durch kleinere Befestigungsabstände – verringern.

RAL Gütezeichen

Planern und Verarbeitern, die bei den brandschutztechnischen Eigenschaften der Rohrträger auf Nummer Sicher gehen möchten, sei empfohlen, auf Produkte von Befestigungstechnik-Herstellern zu setzen, die das RAL-Gütezeichen „Brandgeprüfte Rohrbefestigung“ tragen. Das Gütezeichen wird nur an Produkte verliehen, die die strengen, herstellerneutralen Kriterien der RAL-Gütegemeinschaft Rohrbefestigung erfüllen und die in Brandversuchen nach den Vorgaben des technischen Regelwerks RAL-GZ 656 geprüft wurden. Die RAL-GZ 656 schreibt eine unabhängige Bewertung der mechanischen Produkteigenschaften durch eine Materialprüfanstalt vor und enthält Regeln zur Durchführung und Auswertung von Brandversuchen.

Montageschienen für den Brandfall

Montageschienensysteme haben sich im Rohrleitungsbau bewährt; vor allem bei größeren Trassen mit mehreren Rohren neben- oder übereinander ist die Verwendung von Schienensystemen zeitsparend und wirtschaftlich. Bei Projekten mit erhöhten Brandschutzanforderungen müssen deutlich tragfähigere Schienen als im Normalfall zum Einsatz kommen.

Beim Nachweis des Verhaltens im Brandfall beschreiten Qualitätshersteller von Befestigungstechnik unterschiedliche Wege: Einige setzen analog dem Verfahren bei Rohrschellen auf praktische Brandversuche und Prüfberichte für ihre Produkte. Andere, wie die Firma MEFA, bieten ihren Kunden den Service der statischen Berechnung des kompletten Installationsfalles nach der europäischen Stahlbaunorm DIN EN 1993-1-2 (Eurocode 3) an.

Hersteller, die den Weg der Einzelbrandnachweise für ihre Produkte gehen, lassen Schienen, Gewindestangen und Wandbefestigungspunkte im Labor einer Materialprüfanstalt unter Brandbedingungen prüfen und auswerten (auf der Grundlage der DIN 4102 und der MLAR). Die Prüfstelle fertigt danach einen Untersuchungsbericht an. Der Anwender hat auf diese Weise den Nachweis, dass die Montageschienen für Bereiche mit erhöhten Brandschutzanforderungen geeignet sind – allerdings nur unter Bedingungen, die dem Versuchsaufbau im Labor genau gleichen. Nur dann gelten die im Prüfbericht dokumentierten zulässigen Lasten. Planer bzw. Verarbeiter müssen ihre Konstruktionen also genau so realisieren, wie es im Bericht dargestellt ist; etwa Schienen der entsprechenden Länge verwenden, bei Gewindestangen und Muttern die vorgegebene Mindestgröße und -festigkeit beachten sowie Aufhängepunkte mit beidseitigen Profilhaltern ausführen. Anwender müssen sich also intensiv mit dem Prüfbericht auseinandersetzen, ihn mit der vorhandenen Bausituation vergleichen und nach dem passenden Anwendungsfall suchen, was einen nicht geringen Aufwand und unter Umständen eine eingeschränkte Flexibilität bei der Wahl der Konstruktionslösung bedeutet.

Hersteller wie z.B. MEFA gehen daher einen anderen Weg und berechnen für jeden individuellen Anwendungsfall ihrer Kunden, welche Schienen und Gewindestangen eingesetzt werden müssen, damit sie auch im Brandfall noch lange genug funktionstüchtig sind. Basis hierfür ist die DIN EN 1993-1-2 (Eurocode 3). Der Kunde schildert den Montagefall, den er im Brandbereich realisieren möchte. Hierfür sendet er eine Skizze der Einbausituation an die MEFA Anwendungstechnik und bekommt sie anschließend mit den zur gewünschten Feuerwiderstandsklasse passenden Schienen sowie einer zur Montagesituation passenden Berechnung wieder. Da gemäß der DIN EN 1993 hohe Abminderungsfaktoren einzurechnen sind, liegen die zulässigen Lastwerte bei diesem Verfahren in der Regel etwas niedriger, der Materialaufwand ist entsprechend etwas höher. Der Vorteil des Berechnungsverfahrens liegt darin, dass direkter auf den jeweiligen Anwendungsfall eingegangen werden kann. Der Installationsfall wird so berechnet, wie er später auch gebaut wird. Zudem ist die Flexibilität bei der Wahl der passenden Produktlösung größer: Es können unterschiedliche Schienensysteme und -abmessungen verwendet werden, je nachdem, welche Lösung die optimale ist.

Dübel für den Brandfall

Die Beschaffenheit des Befestigungsuntergrunds entscheidet über die Wahl der Dübel. Es gibt für Beton, Mauerwerk etc. optimierte Produkte. Dübel für brandgeprüfte Befestigungen haben heutzutage alle eine bauaufsichtliche Zulassung, in der auch die zulässigen Lasten im Brandfall dargestellt sind. Neben den Feuerwiderstandsklassen 30, 60 und 90 Minuten ist hier oftmals sogar eine Branddauer bis 120 Minuten möglich.


Rohrschellen im Brandversuch

Bei einem Brandversuch in Anlehnung an DIN 4102 bzw. EN 1363-1 wird die zunehmende Hitze während der Dauer eines Gebäudebrandes simuliert. Zur Untersuchung des Verhaltens im Brandfall werden die Rohrschellen mit Gewindestangen an der Decke des Brandofens befestigt und mit Gewichten versehen, die die maximalen Rohrlasten simulieren. Ein Versuch läuft über mindestens 90 Minuten. Während dieser Zeit wird die Temperatur nach der sogenannten Einheitstemperaturkurve nach DIN 4102 gesteigert. Gemäß der ETK herrschen folgende Temperaturen im Brandofen vor:

➤ Nach 30 min: 842°C

➤ Nach 60 min: 945°C

➤ Nach 90 min: 1006°C

Spezielle Messgeber dokumentieren den Versuchsablauf und liefern die Ergebnisse für die zulässigen Lasten der Rohrschellen bis zur jeweiligen Feuerwiderstandsdauer.


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