Bauproduktverordnung (BauBVo)

Kabel-Zertifizierung erhöht Sicherheit

Seit dem 10. Juni 2016 fallen auch Kabel und Leitungen, die dauerhaft in Bauwerken installiert werden, unter die europäische Bauprodukteverordnung (BauPVo/Construction Products Regulation CPR). Besonders für große Bauvorhaben wie etwa öffentliche Gebäude mit hohen Sicherheitsstandards ist diese Änderung wichtig. Dabei handelt es sich oft um viele tausend Kilometer fest verlegter Strom- und Telekommunikationskabel, die in ihren unterschiedlichen Sicherheitsstandards von nun an einer europaweit harmonisierten Norm entsprechen müssen. Betroffen sind alle Kabeltypen, inklusive Daten- und Telekommunikationskabel (Horizontal- und Backbone Kabel), sowie alle Arten von Leitern (Kupfer und LWL). Kabelkonfektionen und Patchcords sind nicht Teil des Anwendungsbereichs.

Kabel und Leitungen, die dauerhaft in Bauwerken installiert sind, fallen seit Mitte 2016 auch unter die europäische Bauprodukteverordnung. Daher sollten diese zukünftig CE-gekennzeichnet und mit einer Leistungserklärung für die beschriebenen Brandeigenschaften versehen sein. Nach Ablauf der einjährigen Koexistenz-Periode ist dies für die Hersteller bzw. Importeure verpflichtend. Weiterhin sind die jeweiligen Prüfinstitute der Mitgliedstaaten für die Abnahme und Zertifizierung der Produkte zuständig. Für unterschiedliche Sicherheitsanforderungen der Gebäude wurden die Kabel in Produktfamilien eingeteilt, von der höchsten Brandklasse B2 bis hin zur Klasse F. In Zusammenarbeit mit dem ZVEI hat Prysmian eine Zuordnung der einzelnen Produktfamilien erarbeitet. Die Zertifizierung gemäß der europäischen Norm ist nun in vollem Gange.

Verbesserte Sicherheitsstandards

Die BauPVo definiert einheitliche Grundanforderungen an alle in der Europäischen Union hergestellten und in Verkehr gebrachten Bauprodukte, die „dauerhaft in Bauwerke“ eingebracht werden. Allgemein verfolgt die Verordnung das Ziel, den Sicherheitsstandard von Gebäuden im Brandfall zu verbessern, den freien Handel von Bauprodukten innerhalb der EU zu fördern und die Überwachung des Marktes durch eine gemeinsame Klassifizierung zu erleichtern. Darüber hinaus ermöglicht die BauPVo den nationalen Behörden, Leistungsanforderungen an Produkte zu erstellen. Die BauPVo legt vor allem hinsichtlich des Brandschutzes mit harmonisierten Zertifizierungsklassen verbindliche europäische Mindeststandards für Installationskabel fest.

Sicherheitsstufen von Gebäuden

Die europäische Norm EN 50 575 regelt die Anforderungen an Kabel und Leitungen und unterteilt sie in einheitliche Brandklassen (sog. Euroklassen). Die Umsetzung der BauPVo für Kabel und Leitungen erfolgt in der nunmehr geltenden Norm EN 50 575:2014+A1:2016 „Starkstromkabel und -leitungen, Steuer- und Kommunikationskabel; Kabel und Leitungen für allgemeine Anwendungen in Bauwerken in Bezug auf die Anforderungen an das Brandverhalten“. Die jeweiligen Anforderungen an die Produkte hängen dabei von unterschiedlichen Faktoren wie der Art des geplanten Gebäudes oder dem Grad der Auslastung ab. Große öffentliche Gebäude wie Flughäfen oder Bahnhöfe mit gesicherten Fluchtwegen haben dabei naturgemäß eine höhere Sicherheitsstufe als kleinere oder private Bauvorhaben. In der Planungsphase des Bauvorhabens wird insofern schon zu Beginn die Sicherheitsstufe des Gebäudes bestimmt.

Das Brandverhalten von Kabeln wird anhand von Kriterien wie der Flammenausbreitung und Wärmefreisetzung (sog. „Heat Release“), einer Rauchgasanalyse und der optischen Rauchentwicklung („Density“) ermittelt. Auch andere Faktoren wie der Säuregrad („Acidity“), brennendes Abtropfen oder herabfallende Teile („Droplets“) sind Prüfkriterien und spielen eine wichtige Rolle in den jetzt verbindlich etablierten Sicherheitsstandards.

Vereinheitlichte Prüfmethodik

Die notifizierten Prüfinstitute der Mitgliedstaaten (sog. Notified Bodies) – in Deutschland ist dies u.a. der VDE – sind nun für die Zertifizierung der Kabel innerhalb der Euroklassen verantwortlich. Sie sind von EU-Ebene offiziell bestellt und zur Abnahme der Zertifizierungen berechtigt. Die angewandte Prüfmethodik ist dabei ein EU-weit vereinheitlichter Standard, dessen Einhaltung kontrolliert wird. Die Prüfinstitute überprüfen und bewerten die Kabel und Leitungen in ihrem Brandverhalten nach einheitlichen Kriterien und zertifizieren sie anschließend mit der CE-Kennzeichnung. Nur nachdem ein solches offizielles Prüfinstitut die Erfüllung der vorgegebenen Klassifikation bestätigt, dürfen sie vermarktet bzw. verbaut werden. Verpflichtend ist überdies eine Leistungserklärung des Herstellers für das Produkt. Als „Declaration of Performance“ (DoP) steht diese mittels Web-Code zum Download zur Verfügung. Die Erarbeitung der Brandklassen und Produktfamilien erfolgte in Deutschland in einem eigenen Arbeitskreis des ZVEI, an dem Mitarbeiter der Prysmian Group mitwirkten. Die Produkte von Prysmian hatten bereits zuvor einen sehr hohen Sicherheitsstandard: Im Brandfall verfügen spezielle Kabel über ein besonderes Isolationsverhalten. Im Laufe der kommenden zwölf Monate wird die Prysmian Group sämtliche Produktfamilien nach der harmonisierten EU-Norm zertifizieren lassen.

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