Ein Plädoyer für mehr Holzbau

Holzbau: verhinderter Klimaschutz

Dass es in Sachen Klimaerwärmung und Erdüberhitzung mittlerweile sprichwörtlich „brennt“, dürfte den meisten Menschen spätestens seit den „Fridays for Future“-Demonstrationen und den Hitzewellen in den Sommern 2018 und 2019 klar sein. Um einen unwiderruflichen Wendepunkt auf unserer Erde zu verhindern, müsste jedoch der fossile CO2-Ausstoß weltweit bis zirka 2030 zur Hälfte und bis zirka 2050 nahezu vollständig eingestellt werden. Diesen Ausstoß an Kohlenstoffdioxid kann man beispielsweise in der Bauwirtschaft massiv eindämmen – mit der Umstellung auf den Holzbau.

Was zunächst widersprüchlich klingen mag – im Holzbau werden doch Bäume gefällt, wie kann das zum Klimaschutz beitragen? – wird bei genauer Auseinandersetzung mit dem Thema klarer. So darf eine nachhaltige Forstwirtschaft den Rohstoff nicht aus Kahlschlägen, sondern aus langfristig wirtschaftlichen Quellen gewinnen. Die Holzgewinnung muss also mit einer sicherzustellenden Wiederaufforstung einhergehen. Solange das Holz sich nicht zersetzt, bleibt das CO2 dort eingelagert und gelangt nicht in die Atmosphäre.

Als Baustoff ist Holz somit deutlich klimaneutraler als beispielsweise Zement oder Stahl, die beide für etwa sechs bis acht Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sind. Würde Holz diese Materialien in der Bauwirtschaft verdrängen, hätte dies daher positive Auswirkungen auf den Ausstoß an Kohlenstoffdioxid. Für eine Sekundärnutzung im Anschluss ist Holz darüber hinaus leichter recycelbar als andere massive Baustoffe. Besonders in Deutschland, wo bereits deutlich mehr Holz nachwächst als geschlagen wird, sollte diesem Baumaterial daher mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. In diesem Rahmen müssen allerdings auch die Regeln des Brandschutzes neu auf den Prüfstand gestellt werden. Diese blockieren derzeit eine Entwicklung hin zu mehr Holzbau, worüber sich in Fachkreisen bereits eine breite Diskussion entwickelt hat.

Brandschutzvorgaben behindern klimafreundliche Holzbauweise

Die Bayerische Bauordnung, z.B., schließt in Art. 24, Abs. 2, Satz 3, Nr. 1 Holz für feuerbeständige Bauteile explizit aus, da die 90-minütige Feuerwiderstandsdauer nur auf „Bauteile, deren tragende und aussteifende Teile aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen [...]“ beschränkt wird. Somit können keine Holzbauten bei Gebäuden der Gebäudeklasse 5 (Fußbodenhöhe > 13 m oder Einheiten > 400 m2) erstellt werden, sofern keine Ausnahmegenehmigungen mit aufwändigen Kompensationsmaßnahmen wie zum Beispiel dem Einbau von Sprinkleranlagen, zwei baulichen Rettungswegen oder ähnlichem erfolgen.

Bei Gebäuden der Klasse 4 (Fußbodenhöhe > 7 m bis 13m, Einheiten < 400m2) sieht es auch nur etwas besser aus. Zwar ist die Holzbauweise in hochfeuerhemmender Qualität („F60“) zulässig, die Bauteile bedürfen aber jeweils einer aufwändigen Prüfung. Hier wären vereinfachende Bauteilkataloge mit als sicher einzustufenden Bauteilen hilfreich, so dass nicht nur Großbetriebe, sondern auch mittelständisch organisierte Zimmereien diese Bauteile einfacher ausführen können.

Eine weitere Vereinfachungsmöglichkeit wäre die generelle Zulassung von massiven, sichtbaren Holzbaustoffen in hochfeuerhemmender Qualität innerhalb von noch zu definierenden Rahmenbedingungen. Derzeit gibt es zwar Hersteller, die diese Qualität für Ihre Produkte angeben, generell verwenden dürfen sie Planer jedoch nicht, weil die BayBO in Art. 24, Abs. 2, Satz 2 Nr. 3 eine „wirksame Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen (Brandschutzbekleidung) und Dämmstoffe aus nichtbrennbaren Baustoffen“ fordert.

Während die Bayerische Bauordnung dem Holzbau aus Brandschutzgründen Steine in den Weg legt, sind andere Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hamburg und Berlin immerhin schon weiter: Sie haben ihre Verordnung geändert und helfen damit, die Klimaziele zu erreichen. Die Bauordnungen von Baden-Württemberg (Landesbauordnung, Art. 26), Hamburg (Hamburgische BO, Art. 24) sowie Berlin (Berliner BO, Art. 26) sind etwa um einen Absatz 3 ergänzt worden, der „[…] raumabschließende Bauteile, die hochfeuerhemmend oder feuerbeständig […]“ sind – darunter auch Massivholz – zulassen, wenn „[…] die geforderte Feuerwiderstandsfähigkeit […]“nachgewiesen wird. Dass ein Raumabschluss über die geforderten 90 Minuten hinaus nötig wird, ist lediglich bei bestimmten Sonderbauten wie zum Beispiel Hochhäusern über 60 m oder im Atomrecht der Fall. Auch unseren Nachbarn in Österreich und der Schweiz erlauben die weitergehende Verwendung des Baustoffes

Vorteile von Holz nicht ausgeschöpft

Die Brandschutzvorgaben der drei Bundesländer erlauben damit, auch feuerbeständige Bauteile aus Holz (F-90-B) einzusetzen, solange die statische Tragfähigkeit und der Raumabschluss über 90 Minuten nachgewiesen werden. Eine solch feuerwiderstandsfähige Holzdecke ist dementsprechend genauso sicher wie eine 90-Minuten-feuerwiderstandsfähige Stahlbetondecke. Entscheidend ist dabei die Dimensionierung des Bauwerks und seiner Anschlüsse. Ähnlich wie beim Stahlbeton, bei dem der Feuerwiderstand über eine ausreichende Betonüberdeckung sichergestellt wird, müssen natürlich auch beim Holzbau insbesondere die Verbindungsmittel vor Feuer geschützt zu werden, da diese häufig den Schwachpunkt darstellen.

Festzuhalten bleibt somit, dass immerhin erste positive Entwicklungen im Hinblick auf die Verwendung von Holz als Baustoff zu verzeichnen sind. Baden-Württemberg, Hamburg und Berlin haben bereits erkannt, dass der Brandschutz auch bei Holz beherrschbar ist und nicht schlechter sein muss als bei Stahlbeton.

Um effektiven Klimaschutz zu betreiben, ist die Substitution von Stahl und Beton notwendig; das heißt, es wird ein Ersatzbaustoff benötigt. Dies wird zudem noch verstärkt durch die zunehmend geringere Verfügbarkeit von Sand als einem der Grundstoffe von Beton auf den Weltmärkten. Ein weiterer Vorteil von Holz und Holzwerkstoffen ist deren geringes Gewicht. Als extrem leichte Baustoffe im Gegensatz zur Massivbauweise erlauben sie somit Aufstockungen auf bestehende Bauten ohne zusätzlichen Flächenverbrauch – auch das ein Thema bei aktuellen gesellschaftlichen Debatten – die sich zudem mit sehr kurzen Bauzeiten vor Ort realisieren lassen.

Ein weiterer Vorteil von Holz ist, dass Feuerwehrleute bei einem Brand das Versagen eines Tragwerkes aus Holz eher abschätzen können als bei einem Tragwerk aus Stahlbeton, da sich dies durch Knacken ankündigt. Zudem ist Holz im Vergleich zu Stahl in der Regel temperaturbeständiger und hat keine Streckgrenze mit der Gefahr eines plötzlichen Versagens. Hinzu kommt, dass die Wahrscheinlichkeit eines brandbedingten Abrisses bei Stahlbetongebäuden höher ist als bei Holzbauten. Letztere sind generell leichter zu reparieren, auch einzelne Bauteile lassen sich wesentlich einfacher austauschen oder verkleiden. Zu guter Letzt besticht Holz als haptisch und optisch schöner Baustoff.

Gesetzgeber erfüllt eigene Ansprüche nicht

Außerhalb von Baden-Württemberg, Hamburg und Berlin ist der deutsche Gesetzgeber leider nicht so fortschrittlich. Im Grunde sind die Bauordnungen nicht mehr logisch, da sie ihre eigenen Grundanforderungen gemäß §3 der Musterbauordnung nicht mehr einhalten: „Anlagen sind so [...] zu errichten [...], dass [...] die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden.“ Auf der einen Seite fordern die Bauordnungen den Schutz der Lebensgrundlagen, auf der anderen Seite lassen sie die hierfür notwendigen Mittel nicht zu.

Schuld daran ist auf der einen Seite die Lobby der Massivbaustoffe, auf der anderen Seite die Politik, die nur langsam erkennt, dass Klimaschutz kein „Nice to have“ ist, und die die Existenz von Kippelementen sowie deren mögliche dramatische Konsequenzen erst langsam wahrnimmt. Wir müssen die Klimagase der Erdüberhitzung wie eine Badewanne begreifen, in die wir immer mehr Wasser hereinlaufen lassen. Wenn das Wasser die Kante überschreitet, entsteht ein Schaden. Wenn die Kippelemente umkippen, erreichen wir einen „Point of no return“, da wir am Planten nicht „Restart“ wie bei einem Computer drücken können.

Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten: Bereits der Bauantrag entscheidet

Solange sich die verbleibenden Gesetzgeber also nicht bewegen und hierfür sinnvolle, funktionierende Rahmenbedingungen schaffen, ist es in diesen Bundesländern leider immer noch sehr stark vom Einzelfall und den handelnden Personen abhängig, ob Holz als Baustoff zugelassen wird oder nicht.

Um Holz dennoch bei einzelnen Projekten – insbesondere auch bis Gebäudeklasse 4 – einsetzen zu können, ist es entscheidend, dass die relevanten Personen frühzeitig eingebunden werden. Sowohl Bauherr, Architekt, Statiker und Brandschutznachweisersteller als auch – sofern erforderlich – Prüfer oder Bauaufsichtsbehörde müssen bereits in der Vorentwurfsphase für das Projekt bereitstehen und die relevanten Knackpunkte klären. Bei einem Betriebsgebäude, das GFM betreut hat, wurden beispielsweise drei Abweichungen im Brandschutzkonzept frühzeitig erkannt und mit der Behörde vorab geklärt. Der zuständige Sachbearbeiter war dem Vorgehen gegenüber aufgeschlossen, so dass gemeinsam eine Lösung gefunden wurde, die dann auch genehmigt werden konnte. So konnte z.B. eine hochfeuerhemmende Holzbrandwand in Gebäudeklasse 3 mit einer nur feuerhemmenden Unterkonstruktion kombiniert werden, weil diese zu zwei Seiten – also immer zu einer feuerabgewandten Seite – befestigt worden ist.

Da GFM von den Vorteilen der Holzbauweise überzeugt ist, schlägt das Unternehmen seinen Kunden im Alltag zunehmend solche Lösungen vor. Das Interesse steigt besonders bei öffentlichen Auftraggebern, die sich mit ihrer Vorbildfunktion aktiv für den Klimaschutz einsetzen möchten. Zudem müssen sich diese häufiger in der Öffentlichkeit oder bei diversen Gremien für ihre Entscheidungen rechtfertigen. GFM schreibt Brandschutzkonzepte selbst und stimmt hierfür bereits in der Vorentwurfs- und der Entwurfsplanung die Rahmenbedingungen und auch die Abweichungen ab, damit diese dann beim Bauantrag sofort miteinfließen können.

Fazit: Mehr Holzbau wagen

Insgesamt ist von beiden Seiten – der Bauwirtschaft und der Politik – ein „wohlwollendes Entgegenkommen“ notwendig. Aus Sicht von GFM sollten die Regelungen der drei fortschrittlichen Bundesländer auch in anderen Bundesländern übernommen werden. Dadurch wären hier wesentlich mehr Holzgebäude möglich, etwa auch Mehrfamilienhäuser in Städten. Zudem könnten mehr Vorfertigungen stattfinden.

Ferner ist es sinnvoll, für mittelständisch organisierte Zimmereien die Regeln so aufzustellen und die Zulassungen so zu organisieren, dass diese unter Aufrechterhaltung eines Schutzniveaus einfach umzusetzen sind. Um auch die Bauherren, die Massivbau in der Regel als dauerhafter ansehen, von den Vorteilen des Holzes zu überzeugen, bringt GFM gerne die ältesten noch existierenden Holzbauten der Welt ins Spiel, die in Japan stehen und auf etwa 2.700 Jahre geschätzt werden. Während diese unter anderem aus Kampferholz bestehen, ist in unseren Breiten das Nadelholz am beliebtesten. Vor allem Fichte und Tanne sind gut verfügbar und auch von ihren Eigenschaften her bestens geeignet. Mittlerweile tritt aber auch die Buche, die sich als Leimbinder anbietet, in Erscheinung. Buche hat außerdem eine deutlich höhere Druckfestigkeit und ist somit auch für Hochhäuser geeignet. Zudem wächst sie derzeit in Deutschland stärker nach, als dass sie geschlagen wird. Dementsprechend ist ihre Verfügbarkeit hoch und die Verwendung nachhaltig – ganz im Sinne des Klimaschutzes.

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