Brandereignisse mit Heimspeicherbeteiligung im Fokus

Sicherheitsgewinn durch das Forschungsprojekt SEKUR – Teil 1

Bundesweit nimmt die Nutzung volatiler Energieträger, wie Wind- und Sonnenenergie stetig zu. Hiermit geht einher, Energie vermehrt dezentral zu gewinnen und zwischenzuspeichern. Aktuell sind gemäß Marktstammdatenregister mehr als 2,1 Mio. Heimspeicher in deutschen Wohnhäusern verbaut, Tendenz weiter steigend. Allgemein gelten diese Energiespeicher als sehr sicher, jedoch können in Brandfällen die Folgen aufgrund der gespeicherten Energie verheerend sein. Zudem müssen die Speicher nicht zwingend selbst die Brandursache darstellen, sondern können durch ein Brandereignis betroffen sein.

Brandereignis mit Heimspeicherbeteiligung
Bild: Feuerwehr Bodnegg

Brandereignis mit Heimspeicherbeteiligung
Bild: Feuerwehr Bodnegg
Durch den vermehrten Einsatz von Energiespeichern in Privathaushalten resultieren neue, zunehmende Herausforderungen und Risiken für den vorbeugenden sowie abwehrenden Brand- und Explosionsschutz. Für eine entsprechende Kompensation fehlen sowohl technische Lösungen als auch Kommunikationskonzepte und -materialien.

Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderte Verbundprojekt SEKUR „Sichere Energiespeicherkonzepte im urbanen Raum“ adressiert diese Herausforderungen. Ziel des zweijährigen Projektes ist es, ein innovatives Sicherheitskonzept für lithiumbasierte Energiespeicher in Wohnhäusern zu entwickeln, um die Gefahren für Einsatzkräfte und Bewohner sowie Betreiber zu minimieren. Das angestrebte Konzept, an dem das Institut für Feuerwehr und Rettungstechnologie (IFR) der Feuerwehr Dortmund, die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. (vfdb) sowie das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) arbeiten, besteht dabei aus mehreren Bausteinen. In dieser Ausgabe wird auf die Schaffung von Wissensgrundlagen sowie die Schulung und Sensibilisierung/Aufklärung von Einsatzkräften und der Bevölkerung eingegangen.

Lokale Wissensressourcen finden und nutzen

Eine wesentliche Informationsquelle für Fach- und situationsspezifisches Wissen im Projekt ist eine Interviewstudie mit 12 Personen (Einsatzkräfte und Betreiber), die in ein Brandereignis mit Heimspeicherbeteiligung involviert waren. Gemäß wissenschaftlichen Kriterien wurden Interviewleitfäden erarbeitet, Interviews durchgeführt und aufgezeichnet sowie transkribiert und ausgewertet. Betrachtet wurden hierbei der persönliche und organisationale Hintergrund der Personen, konkret die Bereiche Vorbereitung, Vorwissen und Übung, sowie das Brandereignis selbst und verschiedene Aspekte der Nachbereitung des Ereignisses. Nachfolgend ein Auszug relevanter Erkenntnisse:

Als allgemeine Aussage kann festgehalten werden, dass Heimspeicher von Einsatzkräften als zusätzliche potenzielle Gefahrenquelle in Privathaushalten wahrgenommen werden, hierbei jedoch nicht als Bedrohung, sondern als Erweiterung des Einsatzspektrums. Ein signifikanter Einfluss auf etablierte Einsatzstrategien oder Standardverfahren ist in diesem Zusammenhang nicht erkennbar. Zudem war bei den interviewten Personen spezifisches Vorwissen über den Umgang mit Heimspeicherbränden nicht ­vorhanden, jedoch konnte auf Wissen aus Schulungen zu PV-Anlagen, Elektromobilität sowie feuerwehrtechnischen Lehrgängen zurückgegriffen werden. Beispielhafte Schulung von Einsatzkräften.
Bild: KI-generierte Darstellung/Pascal Schmitz

Beispielhafte Schulung von Einsatzkräften.
Bild: KI-generierte Darstellung/Pascal Schmitz

Aspekte für eine mögliche Lageverbesserung der Einsatz- und Gefahrenlage lassen sich in differenzierbare Kategorien unterteilen. In den Interviews wurden hier beispielsweise konkrete Schulungs- und Informationsbedarfe thematisiert:

Ein Bedarf an gezielter Schulung zu einsatzrelevanten Erkennungsmerkmalen von Heimspeicheranlagen wurde formuliert, hierbei zum grundsätzlichen Aufbau, zum äußeren Erscheinungsbild und Abgrenzung zur Solarthermie sowie Sicherungseinrichtungen wie Not-Aus-Schalter.

Praktische Übungen, beispielsweise mit einem Brandsimulator oder in Brandhäusern, werden als essenziell angesehen. Selbst reale Einsätze konnten keine ausreichende Einsicht in das Brandverhalten von Heimspeichern ermöglichen, und so kein fundiertes Verständnis über den Brandverlauf entwickelt werden.

Daneben konnten Wünsche, Anforderungen und Ideen zur (Einsatz-)Lageverbesserung konkreten Zielgruppen oder spezifischen Anforderungen zugeordnet werden, wie Hersteller & Technik, Gefahrenabwehr & Organisation sowie Betreiber von Heimspeicheranlagen:

Hersteller & Technik

In Richtung der Hersteller werden umfassendere Verfahrensanweisungen, Schulungen und Unterweisungen zu Sicherungssystemen, Notfalleinrichtungen und einem Störfallmanagement angeregt.

Eine verbesserte sensorische Überwachung von Batteriespeichern, insbesondere auf Zellebene (Temperatur, Gasaustritt), wird als notwendige Sicherheitsmaßnahme genannt. Ergänzend werden automatisierte Abschaltmechanismen genannt.

Einfache Notfall-Trennmöglichkeiten für Speicherinstallationen, beispielsweise über Industriestecker oder definierte Sollbruchstellen, werden als wünschenswert erachtet. Projekt-Logo
Bild: SEKUR

Projekt-Logo
Bild: SEKUR

Gefahrenabwehr & Organisation

Zur besseren Identifikation und Handhabung von Heimspeicheranlagen wird die Nutzung eines (digitalen) Registers sowie eine klare Kennzeichnung von Speichersystemen, USV-Anlagen und Trennvorrichtungen vorgeschlagen. Ergänzend sollten Gebäude- und Anlageninformationen bereitgestellt werden.

Die Entwicklung einer standardisierten Trennvorrichtung speziell für Einsatzkräfte, wie ein Feuerwehrhauptschalter oder ein Feuerwehrschlüssel für Batteriespeicheranlagen, wird als hilfreich erachtet.

Betreiber von Heimspeicheranlagen

Einsatzkräfte plädieren zudem für eine gezielte Unterweisung von Betreibern und Bewohnern, insbesondere in Bezug auf technisches Grundwissen sowie die richtige Installation und Platzierung von Speichersystemen.

Organisatorisch wird eine verstärkte Vorplanung für Einsätze mit Heimspeicheranlagen gefordert. Dies umfasst auch gesetzliche Regelungen zu Aufstellungsorten, Brandlasten, Eigenbau-Speichern und standardisierten Sicherheitsüberprüfungen (z. B. E-Check).

Speziell im Hinblick auf einen Informationsbedarf im technisch-übermittelbaren Zusammenhang wurden seitens der Gefahrenabwehr Anforderungen formuliert:

Informationen über das Vorhandensein, den Speichertyp und den Aufstellungsort eines Heimspeichers sowie entsprechender Installationen werden erwünscht.

Informationen über die Betroffenheit und den Zustand eines Energiespeichers, hierbei zudem die Übermittlung von spezifischen Kennwerten wurden als hilfreich erachtet.

Die gewonnenen Erkenntnisse zeigen, dass sowohl auf technischer als auch auf organisatorischer Ebene Optimierungsbedarf gewünscht wird, um die Sicherheit im Umgang mit Heimspeicheranlagen zu erhöhen und zukünftige Brandereignisse effektiver bewältigen zu können.

Schulung, Information und Verstetigung

Die gewonnen Erkenntnisse aus Literatur, Studie und erhobenen Facheinschätzungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer gezielten Schulungs- und Informationsvermittlung für die Gefahrenabwehr. Im Projekt wird daher ein modulares Schulungskonzept entwickelt. Inhaltlich werden (anlagen-)technische Grundlagen vermittelt, eine fallspezifische Risikobetrachtung durchgeführt sowie Brandreaktionen demonstriert und in einer praktischen Übungseinheit das theoretische Wissen gefestigt. Feuerwehrtechnischen Führungs- und Einsatzkräften wird so an 1-2 Schulungstagen das Handwerkszeug für eine risikominimierte Einsatzabwicklung an die Hand gegeben.Als Erweiterung wird ein Konzept für die dezentrale Weiterbildung der Einsatzkräften in Form von kurzen onlinebasierten Lerneinheiten (eLearning- „Lernnuggets“) erstellt. Der Vorteil hierbei ist, dass die Inhalte in Form von Präsentationen, Videomaterial, Bildern, Übungsaufgaben und kleinen Prüfungen jederzeit zugänglich sind und individuell abgearbeitet werden können. Fördergerber ist das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR).
Bild: BMFTR

Fördergerber ist das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR).
Bild: BMFTR

Neben der Gefahrenabwehr wird im Kontext des Projekts SEKUR die Gruppe der Bewohner bzw. Betreiber sowie auch der Installateure von Heimspeicheranlagen angesprochen. Bestandteile der Informationsvermittlung sind elektrotechnische Grundlagen sowie allgemeingültige Kriterien zur Aufstellung, hierbei speziell die Anforderungen an den Aufstellungsort und den Betrieb einer Heimspeicheranlage. Dies wird notwendig, da derzeit Anlagen unkontrolliert im privathäuslichen Umfeld aufgestellt werden können, bei Kleinanlagen (Balkonkraftwerke) auch ohne elektrotechnischen Hintergrund.

Die hier angeführten Bausteine des Projektes befassen sich mit den Bereichen Wissenserhebung und Kommunikationskonzepte. In Teil 2, der in Ausgabe BS Brandschutz 1/2026 erscheint, wird über die technische Entwicklung des Projekts SEKUR in Form eines Sensorsystems sowie über Einsatzübungen auf Grundlage von realitätsnahen Einsatzszenarien berichtet.

Steckbrief zum Projekt SEKUR

             

Verbundname:                         Sichere Energiespeicherkonzepte im urbanen Raum

Förderlaufzeit:                          01. April 2024 bis 31. März 2026 (2 Jahre)

Fördergeber:                            Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR)

Forschungskonsortium:             Stadt Dortmund - Feuerwehr Dortmund (Verbundkoordination), Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (Konsortialpartner), Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. (Konsortialpartner)

Assoziierte Partner:                  Fronius International GmbH, Institut der Feuerwehr NRW, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, GTE Industrieelektronik GmbH, SIGNAL IDUNA Gruppe, Sonnen GmbH

 

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