Gebündelte Sicherheit im Schacht

Vorgefertigte Installationsschächte und -vorwände mit Systemzulassung

Ü wie Übereinstimmungszeichen: Wenn ein feuerwiderstandsfähiger Installationsschacht diese Kennzeichnung trägt, handelt es sich um ein Bauprodukt, das als werkseitig vorgefertigte und geprüfte Komponente geliefert wird. Dessen Einsatz schafft eine enorme Fehlerminimierung und damit die nötige Planungs- und Ausführungssicherheit, optimiert darüber hinaus den Bauablauf und das Qualitätsmanagement auf der Baustelle. Die Vorteile zeigen sich insbesondere an bau- und brandschutztechnisch neuralgischen Punkten wie dem Installationsschacht, wo sich mit den Ver- und Entsorgungsleitungen auch eine Reihe zu erfüllender Vorschriften bündeln.

An kaum einem anderen Punkt in der Bauausführung laufen sowohl eine hohe Installationsdichte als auch die Anforderungen an Brand- und Schallschutz so konzentriert zusammen wie am Installationsschacht. Ein Hauptmerkmal des Installationsschachtes ist der vertikale Verlauf über alle Ebenen des Gebäudes. Weil die Medienleitungen alle Geschossdecken vom Keller bis zur obersten Etage durchdringen, können sich im Brandfall Feuer und Rauch über den Schacht ausbreiten. Um dieses Risiko zu minimieren, stellt der bauliche Brandschutz ein grundlegendes Schutzziel dar. Besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf der brandschutztechnischen Eignung.

Anwendungsnachweis und Übereinstimmungsbestätigung: Mehr als nur reine Formsache

Die Schacht- und Vorwandkonstruktion einschließlich aller Leitungen, Brand- und Schallschutzmaßnahmen, Einbauten sowie der Schachtverkleidung muss die gestellten Anforderungen in ihrer Gesamtheit lückenlos erfüllen. Die Gesamtverantwortung darüber obliegt dem ausführenden Installationsunternehmen. Bei der Abnahme des Bauwerks muss der ausführende Fach­unternehmer eine unterzeichnete Übereinstimmungsbestätigung über die korrekte Ausführung des installierten Systems vorlegen. Was er damit auf einem Vordruck unterschreibt, ist nicht weniger als die umfassende Bestätigung darüber, dass die Ausführung des feuerwiderstandsfähigen Installationsschachtes der geltenden Bauartgenehmigung (aBG) entspricht und er somit auch die zugelassenen Bauprodukte, wie z. B. die von der Industrie vorgefertigten Installationsschächte mit Ü-Kennzeichnung verwendet hat. Fehlt der erforderliche Anwendbarkeitsnachweis, gilt die ausgeführte Leistung im juristisch-technischen Sinn als mangelhaft.

Der Unterzeichner der Übereinstimmungsbestätigung für eine solche Systemzulassung kann sich sicher sein, dass die Vielfalt der geltenden Normen und Regelwerke einschließlich ihrer Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Überschneidungen erfüllt werden.

Das Bauordnungsrecht ist im stetigen Wandel und bringt damit immer wieder Neuerungen hervor. Die Musterbauordnung (MBO) wurde zuletzt im September 2020 geändert. Eine grundlegende Novellierung in Bezug auf Bauprodukte und Bauarten fand 2016 statt. Ende August 2017 hat das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) dann erstmalig die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) veröffentlicht, welche die bisherige Bauregelliste und die Musterliste der eingeführten Technischen Baubestimmungen ablöst. Unter anderem werden für sogenannte Bauarten nach § 16a MBO anstelle von den bisherigen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen allgemeine Bauartgenehmigungen (aBG) als Anwendbarkeitsnachweis ausgestellt. Die bisherigen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) behalten bis zum Ablauf ihrer Geltungsdauer ihre Gültigkeit.

Somit werden die industriell hergestellten Bauprodukte über eine abZ zugelassen wie z. B. Bauprodukte für feuerwiderstandsfähige Installationsbauteile „Geberit Quattro…“, abZ Nr.: Z-41.90-708 und die dazugehörige handwerklich auszuführende Bauart selbst über eine aBG wie z. B. Bauart zum Errichten von Installationsbauteilen vom Typ „Quattro 90“ für eine Feuerwiderstandsdauer von 90 min, aBG Nr.: Z-19.30-2207.

Vorgefertigte Systemtechnik für Installationsschächte

Die Erbringung der erforderlichen Nachweise für den ausführenden Installateur gestaltet sich deutlich übersichtlicher und wirtschaftlicher, wenn der Installationsschacht als zugelassenes Komplettsystem erstellt wird. Ein Beispiel ist die von Geberit entwickelte Brandschutzlösung für das komplette Bad, Geberit „Quattro“, welches die Gesamtheit normativer Anforderungen durch eine Kombination aus Rohrinstallationssystem, Trockenbau-Vorwandsystemtechnik und einem Deckenverschlusssystem mit einer allgemeinen Bauartgenehmigung erfüllt. Das variable Schacht- und Vorwandsystem beinhaltet die Leitungsinstallationen für Trinkwasser, Abwasser, Heizung sowie Elektroleitungen in einer Konstruktion, die aus dem „GIS“-Installationssystem oder der „Duofix“-Systemwand inklusive aller Montageelemente für zum Beispiel WC, Waschtisch, Dusche oder Badewanne einschließlich der zugehörigen Systembeplankung besteht. Zudem beinhalten die abZ und das aBG die Möglichkeit, dass „Quattro“ werkseitig vorgefertigt werden kann. Ein Vorteil – besonders für die Sanierung von Altbauten – ist die Tatsache, dass der Einsatzbereich dieses Komplettsystems alle Arten von Sonderdecken (zum Beispiel Holzbalkendecken) einschließt.

Das Ü-Zeichen bestätigt Übereinstimmung

Zum Thema Vorfertigung gehört auch die Kennzeichnung der industriell vorgefertigten feuerwiderstandsfähigen Einheiten mit dem Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen). Damit dokumentiert der Hersteller – also beispielsweise Geberit – erstens, dass die bauordnungsrechtliche Forderung nach einem Verwendbarkeitsnachweis für vorgefertigte feuerwiderstandsfähige Installationsschächte überhaupt eingehalten wird, und zweitens, dass diese vorgefertigten Einheiten mit den Anforderungen der abZ übereinstimmen. So findet der Verarbeiter bei der Anlieferung eines werkseitig vorgefertigten Systemschachtes am Tragsystem die aufgeklebte Ü-Kennzeichnung vor.

Was hat es nun mit diesem Ü-Zeichen genau auf sich? Nach den Bestimmungen der Bauordnungen (siehe auch § 21 der MBO) bedürfen Bauprodukte einer Bestätigung ihrer Übereinstimmung – zum Beispiel mit den bauaufsichtlichen Zulassungen. Diese Bestätigung der Übereinstimmung erfolgt durch die Übereinstimmungserklärung des Herstellers. In § 21 (3) MBO heißt es dazu: „Die Übereinstimmungserklärung hat der Hersteller durch Kennzeichnung der Bauprodukte mit dem Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) unter Hinweis auf den Verwendungszweck anzugeben.“ Konkret bedeutet dies für den Verarbeiter, dass er mit der Ü-Kennzeichnung den Verwendungsnachweis in der Hand hat, der die Übereinstimmung dieser industriell vorgefertigten feuerwiderstandsfähigen Bauteile mit der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung und den Technischen Baubestimmungen bestätigt.

Nullabstandsregelung bringt Raumgewinn

Für die Bauherren zeigen sich die Vorteile von Systemschächten vor allem darin, dass die Schächte so klein wie möglich bemessen werden können. Die Abstandsregelung in der aBG von „Quattro“ beispielsweise erlaubt minimale Abstände zwischen den Rohrleitungen. Bei einer Belegung mit Rohrleitungen für Trinkwasser (PWC, PWH, PWH-C), Heizung (VL, RL), Elektroleitungen (Einzelkabel oder Kabelbündel) und Lüftungsleitungen nach DIN 18017-3 können Nullabstände installiert werden. Zu den Abwasserleitungen müssen 20 mm Abstand eingehalten werden. Dadurch ergibt sich zum Beispiel eine minimale Schachtbreite von 520 mm. Zum Vergleich: Bei konventionell ausgeführten Installationsschächten – ohne zugelassene Nullabstände – beträgt die notwendige Schachtbreite mit derselben Belegung durch die einzuhaltenden Abstandsmaße mindestens 670 mm.

Die Anordnung der Installationen und deren Abstände untereinander sowie zur Laibung des Deckendurchbruchs (20 mm bei Massivdecken und 50 mm bei Sonderdecken) sind klar und einfach geregelt. Dadurch entfällt die aufwendige Ermittlung zulässiger Rohrabstände für Ver- und Entsorgungsleitungen in „Quattro“-Installationsschächten. Die Installationsebene liegt hinter dem Tragsystem und der Beplankung. Diese ist beim „GIS“ nur 5 cm dick (3,2 cm Profil plus 1,8 cm Beplankung). Im Vergleich dazu beginnt beim herkömmlichen Trockenbau das Maß bei 7,5 cm (5 cm Ständerwerk + 2 x 12,5 mm Beplankung). Auch hier werden also wertvolle Zentimeter im Flächenverbrauch eingespart. In der Bauplanung werden dadurch unnötige Diskussionen über Schachtabmessungen hinfällig, zumal jeder eingesparte Zentimeter Schachtbreite der Wohn- bzw. Nutzfläche zugutekommt.

Die Vereinfachung von der Planung über die Kalkulation bis zur Ausführung beginnt bereits mit der Ausschreibung. Für das Leistungsverzeichnis wird eine Installationsschacht-Einheit für ein Geschoss durch einen Vorbeschrieb als „Schacht- und Vorwandsystem für Sanitär-, Heizungs- und Elektroinstallation, baurechtlich geprüft, als variables Anlagesystem“ mit den Bestandteilen der Schachtbelegung sowie den Abmessungen (Schachtbreite und -höhe) definiert.

Kürzere Montagezeiten und optimierte Materialwirtschaft

Im konkreten Auftragsfall übernimmt der Hersteller das Aufmaß für die Planung und die Abstimmung mit dem ausführenden Fachunternehmer. Mit der werkseitigen Vorfertigung von Installationsschächten werden indessen nicht nur die normativen Anforderungen erfüllt. Mindestens genauso wie die sichere Einhaltung von Brand- und Schallschutz brennen ausführenden Betrieben auch die eng gesteckten Bauzeiten und die schmalen Personalkapazitäten unter den Nägeln. Anstelle der Montage einzelner Rohrleitungen und einer (meist) bauseitigen Verkleidung oder Vormauerung der Installationsschächte erhält der ausführende Fachbetrieb eine vormontierte Systemeinheit. Vor Ort begrenzt sich die Montage der Quattro-Installationsschächte darauf, die vorgefertigten Einheiten an den Einbauort zu transportieren, gemäß Montagevorschrift zu befestigen, die vormontierten Rohrleitungen im Bereich der Deckendurchdringungen mittels mitgelieferten Rohrsystem-Formteilen (zum Beispiel Schiebemuffen) zu verbinden und – möglichst nach einer Zwischenabnahme als Nachweis der fachgerechten Montage – die Deckenöffnungen zu verschließen und die Aufbringung der einlagigen Systembeplankung. Geberit liefert die vorgefertigten Installationsregister montagefertig just in time direkt an die Baustelle. Dies vereinfacht die Logistik und erspart die Materiallagerung vor Ort, die in der Baupraxis ohnehin nicht nur mit häufiger Umlagerung, sondern auch mit Schwund einhergeht. Was die Materialwirtschaft des Installationsunternehmens zusätzlich optimiert, ist der Entfall von Verschnitt auf der Baustelle. Denn Reste von Installationsmaterial verursachen doppelt Kosten – für den Materialeinkauf und durch den Aufwand für den Abtransport.

Deckenverschlusssystem: Gegen die Brandschutz-Gewährleistungsfalle im Schacht

Ein Bestandteil der Systemzulassung für den „Quattro“-Installationsschacht ist das von Geberit entwickelte Deckenverschlusssystem „FSH 90“, das an dieser brandschutztechnisch äußerst sensiblen Stelle für die nötige Ausführungssicherheit sorgt. Denn das Verschließen der Deckendurchdringungen ist im Bauablauf ein Schritt, bei dem kaum ein Verantwortlicher gerne näher hinsieht. Der verbleibende Restquerschnitt der Aussparung muss so verfüllt werden, dass alle Installationen mit formbeständigem, nichtbrennbarem Baustoff dicht umschlossen sind.

Die gängige Baupraxis zeigt, dass das Verschließen der Durchbrüche in sehr vielen Fällen durch den Rohbauunternehmer ausgeführt wird. Häufig sieht die Ausschreibung und/oder der Anwendbarkeitsnachweis (aBG) jedoch vor, dass dies zu den Leistungen des SHK-Fachunternehmers gehört. Damit obliegt diesem dann auch die Verantwortung für das feuer- und rauchdichte Verschließen der Deckendurchbrüche. Weil die damit verbundenen Arbeiten wie der Bau einer Schalung und die Verfüllung nach Handwerkstradition eher zum Maurerhandwerk gehören, erfolgt dies meist auch auf diese Weise – mit der Folge eines nicht zu unterschätzenden Gefahrenpotenzials für den vorbeugenden Brandschutz.

Um bei der Verwendung von System-Installationsschächten die Deckenabschottung sicherzustellen, gehört beim „Quattro“-System das Deckenverschlusssystem „FSH 90“ zu den Bestandteilen. Es besteht aus einem stufenlos anpassbaren Deckenschott (Rahmenkonstruktion mit Spezialfolie und Stahlband) und einer selbstnivellierenden Vergussmasse. Das Deckenschott wird bereits vor der Montage der Fall- und Steigleitungen innerhalb des Durchbruchs montiert. Zur Rohrleitungsmontage wird die Spezialfolie an der gewünschten Stelle eingeschlitzt und das Rohr durch das schlaufenförmig verlegte Stahlband hindurchgeführt. Die Vergussmasse verfüllt insbesondere auch die schmalen Spalten, was mit konventionellem Mörtel nicht in dieser Qualität erzielbar ist. Empfehlenswert ist zusätzlich, die Ausführung des verschlossenen Durchbruchs fotografisch zu dokumentieren, um das ordnungsgemäße Verschließen der Deckendurchbrüche bei Bedarf nachweisen zu können.

Systemzulassung erlaubt auch waagrechten Verzug des Schachtes

Voraussetzung für die Einsetzbarkeit vorgefertigter Installationsschächte und -wände sind Deckenkonstruktionen, die sowohl statisch als auch brandschutztechnisch geeignet sind. Der Verlauf des Installationsschachtes muss dabei nicht zwingend durchgehend vertikal sein: Ein Bestandteil der Systemzulassung ist, dass diese bei nicht übereinanderliegenden Deckendurchdringungen einen waagrechten Verzug bis 2,5 m erlaubt.

Neben dem Anwendungsbereich für den Geschosswohnungsbau decken die allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisse für raumabschließende innere Trennwände mit Feuerwiderstand „Quattro F 30“ (abP Nr.: P-MPA-E-02-050) und F 90 (abP Nr.: P-MPA-E-02-049) noch weitere Einsatzbereiche ab. So können zum Beispiel in Beherbergungsstätten (Hotels, Jugendherbergen) auch feuerbeständige (F 90) Trennwände erstellt werden, die beidseitig mit Sanitärobjekten ausgerüstet sind, was Material und vor allem Platz spart.

Fazit: Ausführungs- und ­Kalkulationssicherheit

In der Ausführung sorgt der Einsatz vorgefertigter Installationsschächte und Systemvorwände für einen beschleunigten Bauablauf. Zur Abnahme ist die ausgefüllte Übereinstimmungserklärung vorzulegen, welche der Lieferung der „Quattro/GIS“-Installationseinheiten als Formblatt beiliegt. Ausführende Fachunternehmen profitieren dabei nicht nur von gratis mitgelieferten Nachweisen, sondern auch von wirtschaftlichen Vorteilen durch erhöhte Wertschöpfung, Kalkulationssicherheit, Einsparung von Montagezeit und nicht zuletzt einer deutlich verminderten Fehleranfälligkeit.

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