Verpflichtende Wirk-Prinzip-Prüfung
Damit die Sicherheitseinrichtung nicht selbst zur Gefahr wirdSicherheitstechnische Anlagen in Gebäuden müssen im Stör- und Notfall zuverlässig funktionieren – allerdings nicht nur allein, sondern auch übergreifend mit anderen Systemen der Gebäudetechnik, etwa wenn die Brandmeldeanlage Löschfunktionen und Entrauchungsfunktionen anstößt. Dieser Nachweis kann und muss über die Wirk-Prinzip-Prüfung erbracht werden, die in den meisten Bundesländern verpflichtend ist. Ein zugelassener Sachverständigendienstleister kann diese Aufgabe vollumfänglich übernehmen.
Sicherheitstechnische Anlagen sind für bestimmte Arten von Gebäuden baurechtlich vorgeschrieben und müssen regelmäßig geprüft werden. Die separate Überprüfung der Gewerke belegt jedoch nicht ihr Zusammenspiel im Notfall.
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Der Zweck von sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen wie Brandmelde- und Feuerlöschanlagen, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen oder Not- und Sicherheitsbeleuchtung besteht darin, Menschen, Sachwerte und Umwelt vor Gefahren zu schützen. Sie kommen unter anderem in Industrieanlagen, öffentlichen Gebäuden und Sonderbauten zum Einsatz und spielen für kritische Infrastrukturen eine große Rolle.
Sicherheitsfunktionen für den Stör- oder Notfall werden in der Regel von verschiedenen Anlagen übernommen, die konzertiert zusammen funktionieren müssen: Meldet die Brandmeldeanlage einen Brand, muss ihn z. B. die Löschanlage löschen und die Rauchabzugsanlage die Rettungswege rauchfrei halten.
Sicherheitstechnische Anlagen sind für bestimmte Arten von Gebäuden baurechtlich vorgeschrieben und müssen regelmäßig überprüft werden, um ihre Funktionsfähigkeit sicherzustellen; Prüfverordnungen in den Bundesländern regeln die Prüfpflichten. Nun wird jedes Gewerk – wie Brandmeldeanlage, Lüftung, Sicherheitsbeleuchtung oder Feuerlöschanlage – separat geprüft. Damit wird das funktionierende Zusammenspiel der Gewerke im Notfall jedoch noch nicht nachgewiesen. Die Praxis hat gezeigt, dass die Aussagekraft dieser Anlagenprüfungen begrenzt ist, da hier immer nur bis zur Schnittstelle geprüft wird. Doch auch, wenn das notwendige Signal gesendet wurde und bei der nächsten Anlage ankommt, ist nicht per se sichergestellt, dass die erforderliche Sicherheitsfunktion gegeben ist. Löscht z. B. die Löschanlage bei einer Brandmeldung unzureichend oder sogar den falschen Bereich, kam das Signal durchaus an, aber es lag ein Schnittstellen- oder Verarbeitungsfehler vor.
Zugelassene Sachverständigenorganisationen wie TÜV Hessen bieten breite Prüfkompetenz technischer Gewerke und sicherheitstechnischer Anlagen mit eigenem Fachpersonal.
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Übergeordnete Prüfung des Zusammenwirkens
In Hessen wurde deswegen mit der Einführung der technischen Prüfverordnung im Jahr 2021 die Wirk-Prinzip-Prüfung aufgenommen, um das sogenannte bestimmungsgemäße Zusammenwirken der sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen sicherzustellen. Sie ist eine übergeordnete Prüfung, woran mindestens eine bauordnungsrechtliche technische Anlage beteiligt ist. Auch in der Mehrzahl der übrigen Bundesländer wird sie gesetzlich verlangt. Da das Baurecht Länderrecht ist, unterscheidet sich die Prüfpflicht allerdings teilweise in Umfang und Ausprägung. Bei prüfpflichtigen technischen Anlagen in Sonderbauten, wie Verkaufsstätten, Versammlungsstätten, Büro-Hochhäusern oder Krankenhäusern, muss eine solche Wirk-Prinzip-Prüfung vor der erstmaligen Inbetriebnahme, nach wesentlichen Änderungen und in wiederkehrenden Prüfungen erfolgen. In den meisten Bundesländern alle drei Jahre.
Beim Neubau von Gebäuden mit moderner Architektur und bei brandschutztechnischer Sanierung von bestehenden Gebäuden steigen gleichzeitig die Anforderungen an die technischen Sicherheitseinrichtungen. Sanierungen in Bestandsanlagen müssen nach dem aktuellen Stand der Technik erfolgen und wenn nötig Ersatzmaßnahmen beinhalten, die im genehmigten Brandschutzkonzept beschrieben wurden. Hinzu kommt, dass aus Designgründen der Architektur Sicherheitsmaßnahmen manchmal erst im Notfall aktiviert werden oder erkennbar sind. Etwa wenn Brandschutztüren zufahren, die zuvor unsichtbar integriert waren oder der Rettungsweg angezeigt und gelenkt wird. Das erhöht die Komplexität der Brandfallsteuerung.
Sicherheitstechnische Anlagen können selbst zur Gefahr werden, etwa wenn ein gefüllter Aufzug im Brandfall in die betroffene Etage fährt. Daher muss ihr Zusammenspiel zuverlässig gewährleistet sein.
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Gefährdung durch sicherheitstechnische Anlagen
Die meisten Sicherheitsfunktionen zielen auf den Brandschutz ab. Der Brandmeldeanlage kommt hier eine wesentliche Steuerungsfunktion zu. Liegt ein Programmierfehler vor, kann die angesteuerte Anlage falsch reagieren. Wirken die sicherheitstechnischen Anlagen in einem Stör- bzw. Notfall nicht richtig im Verbund zusammen, kann das mehrere Ursachen haben: Entweder ist eine Komponente oder ein System defekt, die Anlage wurde falsch konstruiert oder ihre Leistung nicht ausreichend ausgelegt, z. B. wenn das Netzersatzaggregat durch eine elektrische Sprinklerpumpe überlastet wird und ausfällt. Schlimmstenfalls beeinträchtigen sich auch technische Anlagen gegenseitig. Das kann im Extremfall so weit gehen, dass sicherheitstechnische Anlagen selbst zur Gefahr für Leib und Leben werden können, beispielsweise wenn
die Gaslöschanlage fehlerhaft löscht und das dabei freigesetzte sauerstoffverdrängende Gas zu Erstickung führen kann,
das Sprinklerwasser auf elektrische Anlagen niedergeht und es zu Stromschlägen führt,
bei einem Brand der Aufzug automatisch in die betroffene Etage fährt und die transportierten Personen in den Brandherd entlässt,
die anspringende Druckbelüftungsanlage im Treppenhaus dazu führt, dass sich wegen des Überdrucks die Rettungstüren nicht mehr öffnen lassen.
Daher ist es wichtig, das korrekte Zusammenwirken der Anlagen sicherzustellen.
Die Wirk-Prinzip-Prüfung ist seit 2021 in Hessen vorgeschrieben und wird auch in den meisten Bundesländern verlangt.
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Ablauf und Inhalt der Wirk-Prinzip-Prüfung
Bei der Wirk-Prinzip-Prüfung wird das bestimmungsgemäße Zusammenwirken der sicherheitstechnischen Anlagen überprüft. Ihre konkreten Aufgaben und Funktionen werden in der Baugenehmigung oder im genehmigten Brandschutzkonzept definiert und beschrieben. Wesentlich ist hier die Prüfung der Brandfallsteuermatrix. Dafür muss Fachpersonal der verschiedenen Gewerke vor Ort sein, um die jeweilige Funktion abzurufen und zu testen. Zentral sind die Schnittstellen: Koppler, potenzialfreie Kontakte oder elektrische Schalter, aktivieren die Folgeanlage. Der Prüfsachverständige muss wissen, ob das Signal vom Anfang bis zum Ende durchläuft. Dafür wird die Funktion so realitätsnah wie möglich geprüft und der Notfall simuliert. Bestimmte Brandmelder werden mit einem Rauchprüfgas ausgelöst, bei komplexen Aufgaben manchmal auch durch ein Testfeuer.
Im Prüfbericht werden dann die Ergebnisse von Ordnungsprüfung, Sichtprüfung, und Funktionsprüfung aufgeführt. Es erfolgt der Abgleich mit baurechtlichen Vorschriften und dem Brandschutzkonzept. Aussagen zu Wirksamkeit und Betriebssicherheit sowie zum Ergebnis der Wirk-Prinzip-Prüfung werden festgehalten.
Mängel beseitigen
Die Mängelstatistik der Wirksamkeit und Betriebssicherheit aber auch der Wirk-Prinzip-Prüfung in Deutschland des TÜV-Verbands befindet sich seit Jahren auf einem gleichbleibenden Niveau; Mängel – geringfügige, aber auch erhebliche – sind häufig. Erstere beeinträchtigen die Sicherheitsfunktion nicht direkt, es fehlt vielleicht einfach nur eine Beschriftung. Bei erheblichen Mängeln ist dagegen eine Sicherheitsfunktion defekt, deutlich eingeschränkt oder nicht vorhanden.
Die Wirk-Prinzip-Prüfung ist für prüfpflichtige technische Anlagen in Sonderbauten vor der ersten Inbetriebnahme, nach wesentlichen Änderungen und alle drei Jahre in den meisten Bundesländern erforderlich.
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Wartungsmängel äußern sich zum Beispiel im Versagen der Anlagen während der Prüfung, weil Defekte nicht erkannt wurden. Fehler in der Programmierung führen zu den oben genannten Worst-Case-Szenarien, wenn sich Sicherheitsfunktionen gegenseitig behindern. Manchmal ist die Ansteuerung zu schwach oder Umbauten haben sich auf das Zusammenspiel der sicherheitstechnischen Anlagen ausgewirkt. Der Betreiber muss die Mängel bis zur nächsten regulären Prüfung oder innerhalb einer kürzeren Frist beseitigen, bei erheblichen Mängeln erfolgt eine Nachprüfung. Betreiber und Bauherr tragen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Funktion der sicherheitstechnischen Anlagen ihrer Gebäude. Kommen sie der nicht nach, ist der Sachverständige angehalten, die zuständige Bauaufsicht zu informieren.
Fazit
Die Wirk-Prinzip-Prüfung überprüft das ordnungsgemäße Zusammenwirken von sicherheitstechnischen Anlagen und gewährleistet damit die volle Funktionsfähigkeit im Notfall: Alle Systeme von der Brandmeldeanlage über die Entrauchungs- bis zur Löschanlage kommunizieren korrekt und die Funktionen werden im Notfall sicher ausgeführt, um Leib und Leben zu retten. Es empfiehlt sich, die Wirk-Prinzip-Prüfung durch eine TÜV-Sachverständigenorganisation mit zugelassenen Prüfsachverständigen durchführen zu lassen.
TÜV Hessen – Alle Prüfleistungen im Überblick
zugelassene Sachverständigenorganisation mit eigenen Prüfsachverständigen
Prüfung aller technischen Gewerke und sicherheitstechnischen Anlagen
komplettes Leistungsportfolio ohne Einsatz von Fremdsachverständigen
kurze Kommunikationswege und direkter Ansprechpartner
große Teams ermöglichen Betreuung auch größerer Objekte und Ausfallkompensation
elektronisches Prüfberichtsystem mit virtuellem Prüfbuch und Online-Zugriff
automatische Erinnerungen an fällige Prüftermine konfigurierbar
reduzierter Aufwand bei Wirk-Prinzip-Prüfungen, höhere Qualität, weniger Fehler
Übernahme aller Aufgaben: Planprüfung, baubegleitende Prüfung, Terminerinnerungen, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit starkem Servicegedanken