Steigende Anforderungen brauchen sichere Brandschutzlösungen

So beherrschen Sie die Komplexität in Sonderbauten

Die dynamische Entwicklung der Industrie stellt hohe Anforderungen an Gebäudeplaner und Errichter. Ob Rechenzentrum, Tunnelbau oder Recyclinganlage – jedes Projekt ist einzigartig. Gefragt sind leistungsfähige Brandschutzsysteme, die Produkte von der Stange mit maßgeschneiderten Lösungen verknüpfen.

Am 29. Juli 2016 eröffnete der Elektroautohersteller Tesla in der Wüste von Nevada seine neue Gigafactory: mit mehr als einer Mio. m2 Fläche eine der größten und modernsten Fabriken der Welt. Dort produziert der Konzern Batteriezellen, Motoren und komplette Fahrzeuge für die Elektromobilität der Zukunft, eine einzigartige Herausforderung für Planer und Errichter. Auch in Deutschland entstehen industrielle Bauten, die ganz neue Anforderungen stellen als alles bisher Dagewesene. Etwa der Thyssenkrupp-Testturm bei Rottweil: ein 246  m hohes Gebäude, errichtet, um Hochgeschwindigkeitsaufzüge zu testen. Denn rund um den Globus entstehen derzeit Mega-Citys. Ihr rasantes Wachstum verlangt nach immer höheren Büro- und Wohngebäuden – und entsprechenden Aufzugssystemen. Kein Zweifel: Unsere Lebensbedingungen – und mit ihnen Märkte und Produktionsumgebungen – verändern sich mit einer nie dagewesenen Dynamik. Die Auswirkungen bekommen auch die Errichter und Planer von Gebäuden zu spüren. Sie müssen sich mit immer neuen, oft sehr spezifischen Anforderungen auseinandersetzen.

Dynamischer Wandel braucht Sonderlösungen

Brandschutzsysteme müssen exakt zu diesen Anforderungen passen. Nur so kann die Industrie sicher produzieren. An der Entwicklung des Onlinehandels lässt sich zeigen, wie der Wandel mit dem Brandschutz zusammenhängt. So kauften die Verbraucher in Deutschland im Jahr 2017 nach Angaben des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel (bevh) Waren für 58,5 Mrd. € im Internet. Das entspricht einer Steigerung gegenüber 2016 um knapp 11 %. Und der Boom ist ungebrochen. „Dieses Wachstum beschert auch der Logistikbranche Hochkonjunktur“, erklärt Thomas Merkt, Leiter Projektierung bei Hekatron Brandschutz. „Eine Folge davon sind immer mehr Hochregallager, die entlang unserer Autobahnen entstehen. Die brauchen allein schon wegen der Höhe der Hallen und der schweren Zugänglichkeit der Regale Sonderlösungen im Brandschutz.“

Auch die Digitalisierung stellt neue Anforderungen an die Fachkompetenz der Brandschutzspezialisten. Das Datenvolumen steigt rasant. Wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2016 weltweit 16,1 Zettabyte (16,1 Bio. GB) an Daten generiert, so prognostizieren die Statistiker bis zum Jahr 2025 eine Verzehnfachung des Volumens auf dann 163 Zettabyte. Entsprechend wächst der Bedarf an Rechner- und Speicherkapazitäten, weltweit entstehen riesige Serverfarmen. Weil in diesen Räumen die Luft zur ständigen Kühlung sehr stark umgewälzt wird, sind Brandschutzlösungen erforderlich, die auch kleinste Rauchmengen zuverlässig detektieren.

Beispiel Nummer drei ist die Urbanisierung unserer Gesellschaft. Während heute 55 % der 7,62 Mrd. Menschen Stadtbewohner sind, werden es im Jahr 2050 voraussichtlich mehr als zwei Drittel sein. Bis 2030 wird es nach Einschätzung der Vereinten Nationen viermal so viele Ballungsgebiete mit mindestens zehn Mio. Einwohnern geben wie im Jahr 1990. Neben immer höheren Gebäuden sorgt diese Entwicklung weltweit für den Ausbau öffentlicher Nahverkehrssysteme, allen voran U- und S-Bahnen mit den dazugehörigen Stationen. Auch hier sind Sonderlösungen an der Tagesordnung.

Herausforderung für Fachplaner

Die Liste der Anwender und Szenarien ist lang. Da finden sich Landwirtschaftsbetriebe mit Stallungen und Recyclingfirmen ebenso wie Galvanikbetriebe, Tiefkühllager oder Wäsche­reien. Aber auch Lebensmittelhersteller oder Unternehmen, die Arzneimittel oder andere chemische Stoffe in Reinräumen produzieren. Nicht nur Firmen, die mit schwierigen Werkstoffen oder in speziellen Umgebungen arbeiten, benötigen maßgeschneiderte Sonderlösungen, sondern auch Tiefgaragen- und Schwimmbadbetreiber, Nahverkehrsunternehmen oder öffentliche Einrichtungen wie Kirchen oder Veranstaltungshallen. Fachplaner und Errichter von Gebäuden müssen sich deshalb heute mehr denn je Gedanken darüber machen, wie sie im Brandschutz zwei Dinge vereinen: spezifische Anforderungen, die das jeweilige Geschäftsmodell des Anwenders mit sich bringt, und Standardlösungen, wie sie zum Beispiel häufig in Bürogebäuden verbaut werden. Anforderungen jedenfalls, die weit über den standardisierten Brandschutz und den Einsatz punktförmiger Brandmelder hinausgehen. Schließlich gilt es auch unter schwierigen Bedingungen wie extremen Temperaturen, verschmutzter Luft, korrosiven Gasen oder hoher Luftfeuchtigkeit eine zuverlässige Alarmierung sicherzustellen. Dabei sind die Anwendungsumgebung und Störpotenziale – im Fachjargon „Störgrößen“ – zu berücksichtigen. Außerdem spielen Umwelteinflüsse und die spezifischen Eigenschaften der Gebäude und Produktionsanlagen eine wesentliche Rolle.

Komplexes Zusammenwirken

„Da ist jeder Fall anders gelagert und oft ist das Zusammenwirken der verschiedenen Einflussgrößen sehr komplex“, sagt Thomas Merkt. „In Serverräumen zum Beispiel wird Rauch durch die starke Luftumwälzung schnell verdünnt. Deshalb brauchen wir hier besonders empfindliche Brandmelder, die sehr schnell reagieren. Andererseits sollen die Melder keinen Fehlalarm auslösen. Das gilt im Grunde auch für jede andere Anwendungsumgebung. Um das auszubalancieren, muss man genau wissen, welche Anforderungen die räumlichen Bedingungen stellen, welche Detektionstechnolgie geeignet ist und was die Software leisten muss.“ Ein ganz anderes Beispiel sind holzverarbeitende Betriebe oder Baumärkte mit Holzzuschnitt. Staub und Sägemehl, aber auch Öle, Fette und die Abwärme von Maschinen sorgen hier für hohes Störpotenzial, dass die Funktionsweise der Brandmelder erschwert. Außerdem entsteht in solchen Räumen immer wieder Rauch durch heiß laufende Sägeblätter. Die ideale Lösung besteht häufig aus einer Kombination aus Ansaugrauchmeldern und linearen Infrarotlicht-Rauchmeldern. Ansaugrauchmelder saugen über ein Rohrsystem permanent Umgebungsluft aus dem Gebäude an und analysieren diese Luft mit hochempfindlichen Rauchsensoren. Die Öffnungen der Ansaugrohre sind mit rund 5 mm kaum sichtbar, weshalb diese „unsichtbare Lösung“ auch gerne in Kirchen oder Museen eingesetzt wird.

Asymmetrische Rohrverlegung

Bei vielen Ansaugrauchmeldern ist es erforderlich, die beiden Rohre symmetrisch zu verlegen. Beide Stränge müssen hier gleich lang und die Zahl ihrer Bohrungen identisch sein, damit das System zuverlässig arbeitet. Allerdings erschweren die baulichen Gegebenheiten oft eine symmetrische Verlegung; z.B. wenn verwinkelte Bauwerke an ein System angeschlossen werden sollen. Um dieses Problem aus der Welt zu schaffen, haben die Entwickler bei Hekatron Brandschutz eine Software entwickelt, die die Unterschiede beider Rohrstränge rechnerisch ausgleicht. Dadurch lassen sie sich auch asymmetrisch verlegen.

Lineare Infrarotlicht-Rauchmelder hingegen arbeiten mit einem Sender-Empfänger-System, indem der Sender Infrarotlicht auf die gegenüberliegende Seite des Raumes schickt. Dort trifft der Lichtstrahl entweder auf ein Empfangsgerät, das ihn direkt auswertet, oder ein Reflektor sendet ihn wieder zurück. In diesem Fall fungiert der Sender auch als Empfänger und analysiert das zurückgesandte Signal. Das funktioniert selbst in sehr hohen Räumen – wie etwa einer Kirche – problemlos. Moderne Systeme orientieren sich an zwei Faktoren: zum einen daran, ob – im Brandfall – der Lichtstrahl durch Rauch abgeschwächt wird. Zum anderen erfasst der Melder die Veränderung der Frequenzen, das Flackern also, das bei einem Brand auftritt. Da die Geräte eine Distanz bis zu 200 m überbrücken, sind sie selbst für den Einsatz in sehr großen Hallen geeignet. Außerdem lassen sie sich auch vertikal anordnen, etwa in Schachtanlagen.

Resistenz gegen Störgrößen

In vielen Industrieanlagen oder in Stallungen ist die Luft verunreinigt, aber auch Wasserdampf in Wäschereien oder chemisch-aggressive Stoffe in Lackierereien stellen erhebliche Störgrößen dar. Trotz dieser Bedingungen muss der Brandschutz zuverlässig funktionieren. Mit linienförmigen Rauchmeldern z.B., die mit nanoversiegelten Scheiben ausgestattet sind, um einer Verschmutzung entgegenzuwirken. Rauchmelder mit Ansaug- oder Durchlichttechnik – oft auch miteinander kombiniert – kommen etwa in Betrieben mit Maschinen, Laboreinrichtungen oder Elektroschränken, in Trafostationen oder Sende- und Übermittlungsanlagen zum Einsatz. In Trocknungsanlagen von Lackierstraßen mit extrem hohen Temperaturen bis zu 300 °C sind linienförmige Wärmemelder gefragt. Ihr Wirkprinzip ist einfach: Die Fühlerrohre erfassen permanent die Umgebungstemperatur. Durch eine Erhöhung der Temperatur steigt auch der Luftdruck im Fühlerrohr, welcher dann mit einstellbaren Druckschwellen ab einer vordefinierten Temperatur zur Alarmauslösung führt. Statt aus Edelstahl oder Kupfer lassen sich auch Fühlerrohre aus Tef­lon einsetzen. Teflonschläuche sind äußerst robust und resistent gegen fast alle Chemikalien. Zudem sind sie einfach zu verlegen. Typische Anwendungsbereiche für linienförmige Wärmemelder sind nicht nur Räume mit extremen Temperaturen wie Gießereien, sondern auch Umgebungen mit hohen Temperaturschwankungen, wie z.B. Indus­trieküchen, Lagerhallen oder Motorenprüfstände. Aber auch bei extremen Störgrößen wie Stallungen mit starker Gasentwicklung – hier vor allem Ammoniak – sind diese Lösungen optimal.

Filter sichern Funktion

Ansaugrauchmelder „ASD“ besitzen Partikelfilter. Spezielle Magnetfilter filtern selbst kleinste metallurgische Staubpartikel aus, die wegen ihrer sehr geringen Abmessungen unter Umständen den Staubfilter passieren. Moderne Geräte filtern kurzfristige Temperaturschwankungen über eine spezielle Filterfunktion aus. Durch den Dynamic-Heat-Watch-Algorithmus (DHW) von Hekatron ist der Wärmemelder „ADW“ in der Lage, sehr zuverlässig zwischen einer Störung und einer Gefahrensituation zu unterscheiden.

Fazit

Sicher ist: Sonderbrandlösungen erfordern viel Erfahrung und Know-how. Die Projektplaner müssen alle relevanten Anwendungsszenarien, Techniken und neuesten Entwicklungen kennen, sie brauchen Beratungskompetenz und Verständnis für das Gesamtsystem. In der Kombination ist es möglich, den steigenden Anforderungen durch sichere und wirtschaftliche Lösungen gerecht zu werden. Wirtschaftlich heißt u.a., dass der bauliche Aufwand für die Installation der Brandmeldesysteme möglichst niedrig sein sollte. Und dass die Systeme auch unter anspruchsvollen Bedingungen über einen langen Zeitraum stabil funktionieren und wenig Aufwand für die Wartung benötigen.

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