Nicht alle Alarmierungen sind
gleichermaßen effektiv

Einige Warntöne sorgen für erhöhte Reaktionsfähigkeit

Alarmierungen müssen unmittelbar erkannt und verstanden werden. Denn wer im Notfall zu spät gewarnt wird oder den Ernst der Lage nicht versteht, ist unter Umständen in Lebensgefahr. Eine zweistufige Studie zeigt jetzt: Es gibt Unterschiede in der Wirksamkeit von Warntönen und akustischen Warnsignalen. Die Untersuchungen liefern neue Erkenntnisse für die Gestaltung von Alarmierungssystemen. Diese könnten künftig für noch mehr Sicherheit sorgen, indem sie über ein optimales Signaltondesign dazu beitragen, dass Menschen im Notfall schnell und richtig handeln.

Die Studie schließt eine Lücke in der Erforschung von Alarmtönen und wurde im Rahmen des Forschungsprojektes BRAWA  (Brandschutz durch Helfermotivation und geringe Brandwahrscheinlichkeiten) durchgeführt. Bisher fehlten fundierte Kenntnisse darüber, wie akustische Signale das Situationsbewusstsein, die Interpretation und die Handlungsabsicht von Menschen beeinflussen. Genau hier setzt das Projekt an: „Ziel war es herauszufinden, welche Töne bei Alarmierungen idealerweise eingesetzt werden sollten, um die Wahrnehmung und Reaktionsbereitschaft der betroffenen Personen zu verbessern. Zudem haben wir untersucht, ob und wie Sprachansagen dazu führen, dass Betroffene die Warnungen besser interpretieren und eine stärkere Handlungsmotivation zeigen“, erklärt Dr. Sebastian Festag, Risikoforscher bei Hekatron und Projektbeteiligter.

Gängige Tonmuster geprüft

Getestet wurden acht Alarmierungstonmuster, die teilweise bereits in der Praxis verwendet werden, mit unterschiedlichen Frequenzen sowie die Kombination von Alarmierungstönen und Sprachansagen. Die Studie bestätigt, dass der Einsatz bestimmter Alarmtöne für eine schnelle und präzise Reaktion in Notfällen hilfreich ist. Zudem konnte festgestellt werden, dass Sprachansagen für zusätzliche Klarheit sorgen und die Handlungsbereitschaft verstärken. Ein Sprachalarm unterstützt demnach die Phase, in der eine Person die Absicht entwickelt, zu handeln. „Die Ergebnisse zeigen, dass ein Alarmton dann besonders gut wahrgenommen wird, wenn er unmittelbar als typische Warnung zugeordnet werden kann und zudem einen hohen Erregungsgrad bewirkt, Menschen also emotional direkt anspricht. Sirenenähnliche Tonmuster und solche mit alternierenden Schrittweiten zeigen im Zusammenhang mit Brandalarmen in der Studie die höchste Wirksamkeit“, fasst der Wissenschaftler zusammen. Erneut erwies sich ein breites Frequenzspektrum mit hohen und tiefen Frequenzen zwischen dem Bereich unterhalb von 1.000 Hertz und oberhalb von 3.000 Hertz als effektiv, um die emotionale Reaktion zu verstärken und auch Menschen mit altersbedingten Hörverlusten zu erreichen. In den Versuchen zeigten sich drei der acht getesteten Tonmuster besonders wirkungsvoll (S2, S5 und S7, s. Tabelle). Der Ton S3, eine Pieptonfolge (T-3 Muster mit unterschiedlichen Frequenzen), dagegen wirkte nur mäßig effektiv, weil er leicht mit anderen Umgebungsgeräuschen verwechselt werden kann.

Abnahme der Brandsterbefälle durch Alarmierungen

Wird ein Brand früh erkannt und funktioniert die Alarmierung schnell und zuverlässig, dann reduziert sich die Zahl der Brandsterbefälle deutlich. „Vergleichen wir Haushalte mit und ohne Rauchwarnmelder, sehen wir eine Abnahme der Sterbefälle durch Brände um 50 % in den ausgestatteten Objekten“, erklärt Dr. Festag. Doch der Warnton des Rauchwarnmelders oder von Brandmeldern einer Brandmeldeanlage sollte sich eindeutig vom Piepen eines rückwärtsfahrenden LKW, eines Weckers oder anderer Hintergrundgeräusche unterscheiden, zeigen die Studien. Nur 120 Sekunden - dieses knappe Zeitfenster muss im Ernstfall reichen, um sich vor dem gefährlichen Brandrauch und -gas in Sicherheit zu bringen, die bei einem Gebäudebrand entstehen. Daran wird deutlich, dass die Wahl des richtigen Alarmsignals von entscheidender Bedeutung sein kann.

Über das Forschungsprojekt

BRAWA (Brandschutz durch Helfermotivation und geringe Brandwahrscheinlichkeiten) konzentrierte sich auf den Schutz historischer Gebäude vor Bränden. Der Forschungsverbund mit Partnern aus Industrie und Forschung sowie assoziierten Partnern untersuchte die technischen Möglichkeiten und ein Helferkonzept für die Brandfrüherkennung und Brandbekämpfung bei historischen Bauten. Denn Burgen, Schlösser, Kirchen oder Museen sind besonders brandgefährdet. Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Sicherheitsforschungsprogramms von Januar 2021 bis Ende April 2024 gefördert. Für beide Studien zur Alarmierung wurden diverse Teilnehmergruppen rekrutiert, die durch ein Online-Tool mit verschiedenen Alarmtönen und – in einer Gruppe – Hintergrundgeräuschen konfrontiert wurden. Dies ermöglichte eine realistische Prüfung der Wirksamkeit der Töne.

x

Thematisch passende Artikel:

Blitzschallgeber im Modernisierungs- und Neubauprojekt

Zuverlässige Alarmierung im Tunnel

Der Gleinalmtunnel ist ein stark befahrener Autobahntunnel auf der Pyhrnautobahn (A9) in Österreich. Mit einer Länge von 8.320 m verbindet er die Bezirke Leoben und Graz-Umgebung in der Steiermark...

mehr
Ausgabe 02/2020

Studie belegt: Rauchwarnmelder retten Leben

Rauchwarnmelder senken signifikant die Gefahr, bei einem Brand zu sterben. Das belegt die Studie „Wirksamkeit der Rauchwarnmelderpflicht“ von Hekatron Branschutz. „Die Wirksamkeit der...

mehr
Ausgabe 02/2024

Zur schnellen Reaktion im Ernstfall bereit

Neue Vorlage für das Brandmelde- und Alarmierungskonzept (BMAK)

Die neue Vorlage stellt sicher, dass die Sicherheitsziele im Brandfall klar definiert sind und die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der beteiligten Akteure von der Gebäudeverwaltung über die...

mehr
Ausgabe 01/2025

Sicherheit trifft Architektur

Tageslichtsysteme für effektiven Brandschutz

RWA-Systeme sind insbesondere in Gewerbe- und Industriegebäuden, Einkaufszentren, öffentlichen Einrichtungen und Mehrfamilienhäusern gesetzlich vorgeschrieben. Laut DIN 18232 müssen Gebäude mit...

mehr
Ausgabe 01/2019 Adaptive Rettungszeichen

Moderne Technik für mehr Personensicherheit

Die Betreiber von öffentlichen Gebäuden müssen stets auf verschiedene Notsituationen vorbereitet sein. Der Gesetzgeber verpflichtet sie, die Sicherheit aller Personen im Gebäude zu gewährleisten,...

mehr