E-Mobilität in Tiefgaragen

Sichere Ladeinfrastruktur vorausschauend planen

Bei der Planung der Ladeinfrastruktur in einer neuen oder bestehenden Tiefgarage ist viel zu berücksichtigen: von der Anordnung der Ladepunkte bis zur Auswahl der eingesetzten Technik. Immobilienbetreiber sollten vor der Planung von Ladepunkten die bestehenden Brandschutzmaßnahmen in der Tiefgarage prüfen und bewerten lassen. Bei Bedarf sollten die für die Nachrüstung von Ladeinfrastruktur als erforderlich angesehenen Maßnahmen mit der Brandschutzdienststelle und der Bauaufsichtsbehörde erörtert werden.

Prüfung einer Sprinkleranlage durch einen Sachverständigen der DEKRA. Bei Bedarf werden als notwendig angesehen Maßnahmen mit der Brandschutzdienststelle oder der Bauaufsichtsbehörde erörtert.
Bild: DEKRA
Prüfung einer Sprinkleranlage durch einen Sachverständigen der DEKRA. Bei Bedarf werden als notwendig angesehen Maßnahmen mit der Brandschutzdienststelle oder der Bauaufsichtsbehörde erörtert.
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Das Feuer auf dem Autotransporter „Fremantle Highway“ Ende Juli 2023 vor der Nordseeinsel Ameland zeigte: Die Diskussion zum Thema Elektrofahrzeug ist nach wie vor emotionsgeladen. Auch wenn der Anteil an zugelassenen Elektrofahrzeugen ständig steigt – laut Kraftfahrt-Bundesamt sind im ersten Halbjahr 2023 knapp 19 % der neu zugelassenen Fahrzeuge mit Elektroantrieb (+ 31,7 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum) – sind die Vorbehalte bei einem Teil der Bevölkerung erheblich. Neben Bedenken hinsichtlich der Reichweite von Elektrofahrzeugen und der noch nicht flächendecken verfügbaren Ladeinfrastruktur spielt oft die Angst vor Bränden eine Rolle.

Objektiv betrachtet liegen allerdings keine Erkenntnisse dafür vor, dass Fahrzeuge mit Elektroantrieb häufiger brennen als solche mit Verbrennungsmotor. Zudem haben die Feuerwehren zwischenzeitlich Methoden entwickelt, um auch brennende Elektrofahrzeuge effektiv zu löschen.

Nicht jeder Nutzer wird in Zukunft sein Elektrofahrzeug zu Hause aufladen, insbesondere in Städten. Das Laden muss also woanders stattfinden, zum Beispiel am Arbeitsplatz oder im Einkaufscenter. Beides sind Orte, an denen die Fahrzeuge meist eine längere Zeit stehen und aufgeladen werden könnten. Die Betreiber von Parkhäusern müssen damit rechnen, dass Kunden mit Elektrofahrzeugen nur dann wiederkommen, wenn Ladepunkte im Parkhaus verfügbar sind. Auch von Arbeitgebern wird zunehmend eine Lademöglichkeit für die Beschäftigten erwartet. Bei technischen Änderungen, die den Brandschutz berühren, sollte auch die Expertise der örtlichen Feuerwehr eingeholt werden.
Bild: DEKRA

Bei technischen Änderungen, die den Brandschutz berühren, sollte auch die Expertise der örtlichen Feuerwehr eingeholt werden.
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  Lüftungsanlagen sollten besondere Aufmerksamkeit erfahren, weil sich über diese im Brandfall der Rauch schnell im ganzen Gebäude verbreiten kann.
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Lüftungsanlagen sollten besondere Aufmerksamkeit erfahren, weil sich über diese im Brandfall der Rauch schnell im ganzen Gebäude verbreiten kann.
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Es gibt demnach viele Gründe dafür, dass bestehende Parkflächen, Parkhäuser und Tiefgaragen im großen Stil mit Ladeinfrastruktur nachgerüstet werden. Das Anfang 2021 verabschiedete „Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (GEIG)“ sieht vor, dass bei Neubauten von Nichtwohngebäuden jeder dritte Stellplatz baulich so vorbereitet werden muss, dass Ladepunkte nachträglich leicht errichtet werden können. Bei einer „größeren Renovierung“ eines bestehenden Gebäudes mit Garagenstellplätzen muss jeder fünfte Stellplatz mit Ladeinfrastruktur ausgerüstet werden. Es kann damit gerechnet werden, dass die Eigentümer aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen freiwillig über diese Forderungen hinausgehen und schrittweise den überwiegenden Teil der Stellplätze mit Ladepunkten ausrüsten.

Anforderungen nach der MusterGaragen- und Stellplatzverordnung 2022

Bei der Überarbeitung der MusterGaragen- und Stellplatzverordnung (M-GarVO) in der Fassung vom 14. Juli 2022 hat es einen Systemwechsel von den bisherigen Rauchabschnitten hin zu Brandabschnitten mit höheren Anforderungen an die trennenden Bauteile gegeben. Darüber hinaus müssen in geschlossenen Großgaragen (> 1.000 m² Nutzfläche, entspricht ca. 40 Stellplätze) entweder

selbsttätige Löschanlagen und eine maschinelle Abluftanlage mit einer Leistung von mindestens 12 m³ Abluft je Stunde und m² Garagennutzfläche oder

Öffnungen ins Freie (min. 0,1 m² je Stellplatz in der Decke oder im oberen Drittel der Wände und von keinem Stellplatz mehr als 20 m entfernt) oder

maschinelle Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (min. 10-facher Luftwechsel je Stunde, selbsttätige Aktivierung im Brandfall, 300 °C für 60 Minuten, elektrische Leitungsanlage min. E 60)

vorhanden sein.

Die zusätzlichen Forderungen wurden jedoch nicht aufgrund einer als höher angenommenen Gefahr durch Elektrofahrzeuge formuliert. Sie sind die Reaktion auf die Tatsache, dass moderne Fahrzeuge durch ihre Größe und den hohen Kunststoffanteil eine bedeutend höhere Brandlast darstellen. Und sie sind der Wunsch der Feuerwehren, die bei der Brandbekämpfung in geschlossenen Großgaragen diese Unterstützung unbedingt benötigen.

Eine Vergleichsrechnung von DEKRA hat ergeben, dass die Brandlast gleich großer Fahrzeuge nahezu identisch ist, unabhängig davon, ob die Fahrzeuge elektrisch oder mit Verbrennungsmotor angetrieben werden. Lediglich die Fahrzeuggröße und -ausstattung spielen eine Rolle. Nahezu 80 % der Brandlast eines Pkw sind Kunststoffe und Reifen, die bei beiden Antriebsarten ähnlich sind. Dazu kommen Kraft- und Betriebsstoffe beim Verbrenner, die in etwa die gleiche Brandlast haben wie die Antriebsbatterie beim Elektrofahrzeug. Die Beurteilung von Brandschutzeinrichtungen erfolgt in der Regel durch ein interaktives Team aus Brandschutzsachverständigen, Elektrosachverständigen und Sachverständigen für sicherheitstechnische Anlagen.
Bild: DEKRA

Die Beurteilung von Brandschutzeinrichtungen erfolgt in der Regel durch ein interaktives Team aus Brandschutzsachverständigen, Elektrosachverständigen und Sachverständigen für sicherheitstechnische Anlagen.
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Ladevorgang ist die kritische Phase

Bleibt die Frage nach der Brandentstehung und der Brandausbreitung. Beobachtungen zeigen, dass ein Brand in der Batterie von Elektrofahrzeugen meist beim Ladevorgang entsteht. Durch eine beispielsweise aufgrund eines Unfalls beschädigte Batterie oder ein Defekt in der Ladelektronik könnte möglicherweise die Antriebsbatterie überhitzen bis hin zum gefürchteten „Thermal Runaway“, bei dem die Batterie unter hoher Wärmefreisetzung das Fahrzeug in kurzer Zeit in Brand setzt. Ein genauer Blick auf solche Vorfälle zeigt jedoch, dass es sich meist um „einfache“ Ladesysteme gehandelt hat. Moderne Systeme dagegen kommunizieren beim Ladevorgang mit dem Fahrzeug und schalten automatisch ab, wenn ein Sensor im Fahrzeug einen Temperaturanstieg außerhalb der Toleranzgrenzen meldet.

Je höher die Wärmefreisetzung bei einem Fahrzeugbrand ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Brand auf die benachbarten Fahrzeuge ausbreitet. Bei Bränden von Lithium-Ionen-Batterien wurde in Versuchen eine kurzzeitig sehr hohe Wärmefreisetzungsrate sowie Stichflammen bis zu 2 m beobachtet. Beide Ereignisse erhöhen die Gefahr der Entzündung der in unmittelbarer Nachbarschaft abgestellten Fahrzeuge.

Um dem vorzubeugen, müssen zusätzlich Maßnahmen zur Verhinderung der Brandausbreitung vorgesehen werden. Automatische Feuerlöschanlagen, die hier ein wirksames Mittel sein können, sind jedoch auch in der M-GarVO 2022 nur für Garagengeschosse vorgeschrieben, wenn der Fußboden im Mittel mehr als 4 m unter der Geländeoberfläche liegt. Handelt es sich um eine eigenständige Tiefgarage oder stehen die Garagengeschosse zu Geschossen mit anderer Nutzung in keiner Verbindung, kann nach M-GarVO auf die Feuerlöschanlage verzichtet werden. Hinsichtlich der Leistung der automatischen Feuerlöschanlage muss nach VdS CEA 4001 die Betriebs-
zeit von 40 auf 60 min erhöht werden oder eine Einspeisemöglichkeit für die Feuerwehr vorhanden sein, wenn bei unterirdischen Garagen die Nutzung durch Elektro- oder Hybridfahrzeuge nicht ausgeschlossen werden kann. Das ist zwar keine unmittelbare bauordnungsrechtliche Anforderung, es könnten sich aber zumindest Änderungen zur Sachversicherung ergeben, wenn eine bestehende Feuerlöschanlage nicht über einen entsprechenden Wasservorrat verfügt.

Eine vorausschauende Planung bei Neubauten aber auch bei der nachträglichen Ausrüstung von Tiefgaragen eröffnet Chancen zum Einsatz zielgerichteter Maßnahmen im vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz. So können zum Beispiel auf Parkdecks, die ausschließlich für Elektrofahrzeuge genutzt werden, Techniken zur Branderkennung verwendet werden, die bei „gemischten“ Stellplätzen aufgrund der zu erwartenden Täuschungsalarme durch Abgase von Verbrennungsmotoren oder der Wärmestrahlung abgestellter Verbrennerfahrzeuge ausscheiden. Zu nennen wären beispielsweise Thermosensoren, die im Boden verlegt werden und einen Temperaturanstieg in einer Antriebsbatterie mit Angabe des betroffenen Stellplatzes an die Brandmeldeanlage weitergeben.

Nachrüstung von Ladeinfrastruktur in bestehenden Tiefgaragen

Die vorgenannten Anforderungen der Muster-Garagen- und Stellplatzverordnung gelten jedoch, nachdem sie in das Bauordnungsrecht der Länder überführt wurden, nur für Neubauten. Die Nachrüstung von Ladeinfrastruktur in bestehenden Garagen ist den meisten Bundesländern „verfahrensfrei“. Das heißt, es muss kein Bauantrag gestellt, kein Brandschutznachweis aktualisiert und keine Baugenehmigung erteilt werden. Selbstverständlich müssen bei der Errichtung der elektrischen Anlage die einschlägigen Regeln der Tech-
nik – insbesondere die VDE 0100-722 – eingehalten werden. Anpassungen an bestehende Gebäude und insbesondere an den Rauch- und Wärmeabzügen sind jedoch nicht vorgesehen. Mehr noch: Durch den Entfall der Baugenehmigung weiß in vielen Fällen die Feuerwehr noch nicht mal von der Ladeinfrastruktur in der Garage.

Der Verzicht auf eine behördliche Genehmigung entbindet den Bauherrn bzw. Eigentümer allerdings nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Beispiel: Aufgrund der größeren Menge an Löschwasser, die beim Löschen von Elektrofahrzeugen anfällt, könnten die Löschwasserrückhaltung nicht mehr ausreichend bemessen sein. Die Folge wäre zum Beispiel eine Belastung der Umwelt, für die der Eigentümer haftbar gemacht werden kann.

Bei der Planung der Ladeinfrastruktur in einer neuen oder bestehenden Tiefgarage kann also vieles richtig oder falsch gemacht werden. Das beginnt mit der Anordnung der Ladepunkte und endet nicht mit der Auswahl der eingesetzten Technik.

Literatur

Muster einer Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen und Stellplätzen (Muster-Garagen- und Stellplatzverordnung M-GarVO1),
Fassung 14. Juli 2022

Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur -
Gesetz – GEIG) vom 18. März 2021

DIN VDE 0100-722:2019-06 - Errichten von Niederspannungsanlagen –
Teil 7-722: Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen
besonderer Art – Stromversorgung von Elektrofahrzeugen

VdS CEA 4001:2021-01 VdS CEA-Richtlinien für Sprinkleranlagen - Planung und Einbau

VdS-Richtlinie 3471, Stand Februar 2021 Ladestationen für Elektrostraßenfahrzeuge

VDI-EE 5950 Blatt 2 – Elektromobilität, Brandschutz auf Parkflächen und Ladeplätzen für Elektrofahrzeuge, Empfehlungen für Bestands- und Neubauten, August 2023

Verordnung über technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für elektrisch betriebene Fahrzeuge1 (Ladesäulenverordnung - LSV) vom 09.03.2016

DEKRA Brandschutz

Die Brandschutzsachverständigen von DEKRA beurteilen im Auftrag von Immobilieneigentümern die Brandschutzmaßnahmen in bestehenden Tiefgaragen im Hinblick auf die Nachrüstung von Ladeinfrastruktur. Die Beurteilung erfolgt durch ein interaktives Team aus Brandschutzsachverständigen, Elektrosachverständigen und Sachverständigen für sicherheitstechnische Anlagen. Bei Bedarf werden als notwendig angesehen Maßnahmen mit der Brandschutzdienststelle oder der Bauaufsichtsbehörde erörtert. Idealerweise liegt die Bewertung bereits vor der konkreten Planung durch den Fachplaner Elektro vor.

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