Ganzheitliche Brandschutzkonzepte

Brände in Krankenhäusern und Pflege-/Altenheimen bekämpfen

Wieder und wieder brennt es in Krankenhäusern, letztmalig am 9. September im Marienhospital in Düsseldorf. Ein Einzelfall? Nein, denn Krankenhausbrände sind beileibe keine Seltenheit. Alleine im Jahr 2019 ist bisher 34 Mal (Stand: 16. September 2019, Bundesverband Technischer Brandschutz e.V., „Brände in Krankenhäusern und ihre Folgen – bvfa-Statistik“) in Krankenhäusern ein Feuer ausgebrochen. 79 Personen wurden dabei verletzt, 7 Menschen sind gestorben.

Laut der Studie von Dr. Jörg Reintsema Prof. Dr. Christoph Hartung „Brandschutz im Krankenhaus – Analyse von Bränden im Krankenhaus und Empfehlungen zur Risikominimierung für Patienten und Personal“ (erschienen beim Wikom-Verlag) brennt es alle 18 Tage in einem Krankenhaus, alle acht Tage in einem Alten- oder Pflegheim. 80 % der Patienten bzw. Bewohner sind dabei aufgrund ihres Gesundheits- bzw. Alterszustand nicht in der Lage, selbstständig die Gebäude zu verlassen. Um sich zu retten sind sie auf fremde Hilfe angewiesen – Krankenhausbrände sind damit ein Albtraum für alle Patienten und Krankenhausangestellte.

Der Rauch ist die Gefahr

So gut wie immer ist es der gefährliche Brandrauch, der Patienten und Klinikpersonal zum Verhängnis wird. Er breitet sich sehr schnell aus und verteilt sich über mehrere Etagen. Dabei wirkt der Rauch nicht nur tödlich, er macht auch die Orientierung unmöglich und verhindert einen effektiven Angriff der Feuerwehr. Für Rettungskräfte und das Pflegepersonal ist es so fast unmöglich, die Patienten schnell zu evakuieren. Angesichts dieser Tatsache sind Spekulationen über den Ausbruch des Feuers unerheblich und nicht zielführend. Entscheidend ist, dass der Rauch sich nicht so schnell ausbreiten darf, wie geschehen. Die Frage: „Wie sicher sind unsere Krankenhäuser eigentlich?“ ist also aktueller denn je und bedarf einer eingehenden Betrachtung und Diskussion.

Krankenhäuser und Pflegeheime im Baurecht

Auch wenn einige Bundesländer Empfehlungen und Verordnungen herausgegeben haben: Bisher existiert keine bundesweite Musterverordnung mit bauordnungsrechtlich eingeführten Bauvorschriften, in der die speziellen Anforderungen an Krankenhäuser und Pflegeheime definiert sind. In den meisten Bundesländern werden sie daher zu den „ungeregelten Sonderbauten“ gerechnet – und benötigen somit ein individuelles Brandschutzkonzept.

Beispiel Nordrhein-Westfalen: Am 31. Dezember 2009 wurde die NRW Krankenhausbauordnung von 1978 aufgehoben, seither gibt es keine Ersatzvorschriften, lediglich eine alte Muster-Krankenhausbauverordnung (KhBauVO), die im Dezember 1976 verabschiedet wurde und weitgehend identisch mit der NRW Krankenhausbauordnung ist. Aus Sicht des Nordrhein-Westfälischen Bauministeriums müssen neue Lösungsansätze durch die Argebau erbracht werden (Bauministerkonferenz).

Bauordungsrechtlich ist ein Krankenhaus in NRW momentan ein Sonderbau, nicht aber ein geregelter Sonderbau mit geregelten Vorschriften. Das bedeutet: Alle brandschutztechnischen Schutzmaßnahmen für Neubau, Umbau oder Renovierung müssen einzeln ausgehandelt werden. Und das mit entsprechenden viel „wenn“ und „aber“.

Brandschutznachweise für Krankenhäuser werden momentan auf Grundlage der jeweiligen Landesbauordnung schutzzielorientiert erstellt. Mit jedem schweren Brandgeschehen werden also die Rufe nach einem bundeseinheitlichen Regelwerk, in dem die Anforderungen an moderne Krankenhäuser und Alten- und Pflegeheime festgelegt sind, lauter.

Die Lösung: Ganzheitliche Brandschutzkonzepte

Was also tun? Ist der flächendeckende Einbau von selbständigen Sprinkleranlagen die Lösung für all diese Probleme? Ein klares nein, denn wie eingangs bereits erwähnt ist der Rauch die Gefahr! Nur eine ganzheitliche Betrachtung der oftmals hochkomplexen Krankenhausarchitektur kann Abhilfe schaffen. Oberstes Ziel muss sein, höchstmöglichen Schutz für Patienten und Mitarbeiter sicher zu stellen und es bedarf daher einer detaillierten Betrachtung von Kompensationsmaßnahmen zum baulichen Brandschutz, des organisatorischen Brandschutzes und der stillen Alarmierung. Fluchtleitsysteme, Rauchfreihaltung von Treppenräumen und gezielte Entrauchung müssen berücksichtigt und in ein Gesamtbrandschutzkonzept eingebunden werden.

Moderne Technik wie Brandmeldeanlagen, Rauchschutzdruckanlagen oder maschinelle Entrauchungsanlagen sind erprobt und stehen längst zur Verfügung. Sie alarmieren bereits in einer frühen Phase des Brandes und können Fluchtwege effektiv rauchfrei halten. Das Personal hat daher Zeit, Patienten oder ältere in ihrer Beweglichkeit eingeschränkte Personen zu evakuieren. Solche Systeme können daher helfen, die Sicherheit in Krankenhäusern sowie in Pflege- und Altenheimen zu verbessern.

Bleibt also zu hoffen, dass die Bauministerkonferenz die Entscheidung für eine neue „Muster-Verordnung über den Bau und Betrieb von Krankenhäusern“ trifft und es zu einer bundesweiten Umsetzung und Einführung einer einheitlichen Krankenhausbauordnung kommt. Nur so kann Planern und Betreibern von Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeheimen mehr Sicherheit gegeben werden. Auch wenn die Versicherungen den Brandschaden tragen – den Imageschaden und die daraus resultierenden Folgen trägt das Krankenhaus bzw. das Pflege- und Altenheim. Schließlich hat es der französische Dramatiker und Schauspieler Moliére bereits passend formuliert: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“

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