Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme

Schutz für Flachdächer

Erfahrungsgemäß ist das Dach im Brandfall das am stärksten thermisch beanspruchte Bauteil. Bei Arbeiten mit offener Flamme wird das Dach häufig direkter Feuereinwirkung ausgesetzt, was das Brandrisiko erhöht und in der Folge bedeutende Schäden nach sich ziehen kann. Durch geeignete vorbeugende Maßnahmen ist es möglich, Brandgefahren entgegenzuwirken.

Vier wesentliche Ziele verfolgen die Maßnahmen des vorbeugenden baulichen Brandschutzes:

➤ Brandvermeidung

➤ Eingrenzung des Brandes auf Gebäudeabschnitte

➤ Voraussetzungen für wirksame Löscharbeiten schaffen

➤ Schaffung von Rettungsmöglichkeiten

Die Landesbauordnungen (LBO) sehen vor, dass bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten sind, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird. Im Falle eines Brandes sollen die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sein. Zur Erstellung von entsprechenden Brandschutzkonzepten gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B. durch die Anwendung der Industriebaurichtlinie. Die Brandschutzmaßnahmen und Anforderungen an Baustoffe und -teile werden u.a. in der LBO, Technischen Baubestimmungen und Sonderverordnungen geregelt. Eine Brandausbreitung kann bei Dächern entweder auf der Dachoberseite durch Wind, Strahlungswärme, Dachgefälle oder auf der Dachunterseite durch Zündung der Dachkonstruktion erfolgen. Eine zusätzliche Gefahr der Brandweiterleitung besteht durch das Nachglimmen von Dachbaustoffen. Zudem können sich brennbare Zersetzungsgase in Dachhohlräumen weiträumig verteilen.

Dachbaustoffe und -bauteile

Dacheindeckungen und Dachabdichtungen einschließlich etwaiger Dämmschichten und ggf. Lichtkuppel oder anderer Abschlüsse für Dachöffnungen gelten als Bedachung. Alle hierfür eingesetzten Baustoffe werden hinsichtlich ihres Brandverhaltens in Baustoffklassen eingestuft. Baustoffe die im Flachdachbereich eigesetzt werden, müssen in jedem Fall mindestens der Baustoffklasse „normal entflammbar“ E nach DIN EN 13501-1 (bzw. Baustoffklasse B2 nach DIN 4102-1) entsprechen.

Aus der Perspektive des vorbeugenden Brandschutzes ist die Begrenzung der Brandlasten eines Dachaufbaus sehr sinnvoll. Die Brandlast bezeichnet den in Mega-Joule pro Quadratmeter (MJ/m²) gemessenen Wert des Baustoffes oder Bauteils in eingebautem Zustand. Dieser Wert ist so gering wie möglich zu halten. Die Brandlast vergleichbarer Dachaufbauten ist mit Kunststoffbahnen um mindestens 40 % geringer als mit Bitumenbahnen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft empfiehlt abspw. für Industriedächer mit Trapezblechunterkonstruktionen nachfolgende Systeme bzw. Baustoffe:

➤ brandlastarme Dampfsperren

➤ nichtbrennbare Dämmstoffe anstelle von brennbaren Dämmstoffen

➤ einlagige Kunststoff- oder Elastomerbahnen anstatt mehrlagige bituminöse Abdichtungen

➤ mechanische Befestigungen anstelle von bituminösen Klebemassen

Konstruktive Risiken

Insbesondere der Industrie und Gewerbebau ist geprägt von Leichtkonstruktionen, die schnell und wirtschaftlich zu erstellen sind. Allerdings stellen Dachkonstruktionen dieser Form ein höheres Risiko dar. Gerade bei Arbeiten mit offener Flamme kann es durch relativ kleine Entstehungsbrände in wenigen Augenblicken zu einer explosionsartigen Brandausbreitung über das ganze Dach kommen. Seit Jahrzehnten ermöglichen Kunststoffdachbahnen und deren Verlegetechnik, wie die mechanische Befestigung oder Verklebung mit Klebstoffen, eine brandschutztechnisch risikofreie Verarbeitung auf dem Dach.

Harte Bedachung

Neben der Baustoffklassifizierung stellen die LBO Anforderungen hinsichtlich Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme. Sie fordern, dass Dachaufbauten gegen eine Brandbeanspruchung von außen ausreichend widerstandsfähig sein müssen, die sog. „Harten Bedachungen“. Im üblichen Sinne handelt es sich bei Flachdachabdichtungen nicht um eine „Harte Bedachung“. Diese Brandschutz-Anforderung ist vom gesamten Dachschichtenaufbau zu erfüllen. Sie gilt gemäß DIN 4102-4 ohne Nachweis als erfüllt bei vollständig bedeckender Kiesschüttung von mindestens 5 cm Dicke oder einem nicht brennbaren Plattenbelag von mindestens 4 cm Dicke. Auch die Anforderungen für begrünte Dachflächen sind in der DIN 4102-4 geregelt. Bei allen anderen Dachaufbauten muss der Widerstand gegen Flugfeuer und strahlende Wärme durch ein Prüfzeugnis nachgewiesen werden und es ist ein Verwendbarkeitsnachweis zu führen.

Der Nachweis „Harte Bedachung“ erfolgt auf Grundlage der Prüfung nach DIN 4102-7 und/oder DIN CEN/TS 1187 und unter Berücksichtigung der DIN SPEC 4102-23 durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP). Ein Verwendbarkeitsnachweis für „Harte Bedachung“ besteht aus dem v.g. abP inklusive einer Bestätigung in Form einer Übereinstimmungserklärung des Anwenders. Intensive Dachbegrünungen gelten als Bedachungen, die gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähig sind. Unter intensiver Begrünung versteht man eine Bepflanzung auf dickerer Substratschicht mit planmäßiger Be- und Entwässerung und regelmäßiger Pflege.

Dagegen spricht man von extensiver Begrünung in der Regel bei niedriger und anspruchsloser Bepflanzung auf dünner Substratschicht ohne planmäßige Bewässerung und Pflege. Extensive Dachbegrünungen sind widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme, wenn sie bestimmte Eigenschaften aufweisen. Bspw. gilt eine mineralisch bestimmte Vegetationsschicht mit max. 20 % Massenanteil organischer Bestandteile und einer Schichtdicke von 30 mm als widerstandsfähig. Weiterhin sind bestimmte Vorgaben bezüglich An- und Abschlüssen, Durchdringungen und Brandabschnitten zu beachten. Kommt es zu einem Brand in der Nachbarschaft ist die Verwendung einer gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähigen Bedachung jedoch kein Garant für einen absoluten Schutz. Das Brandrisiko hängt immer von der konkreten Brandbelastung ab.

Bei großen Dachflächen können in Abhängigkeit des Brandschutzkonzepts Anforderungen nach DIN 18234 „Baulicher Brandschutz großflächiger Dächer – Brandbeanspruchung von unten“ erforderlich werden. In Teil 2 dieser Norm sind Dächer aufgeführt die ohne zusätzlichen Nachweis die Anforderungen erfüllen. Teil 3 regelt die brandschutztechnisch konstruktiven Grundsätze bei Dachdurchdringungen und der Teil 4 enthält ein Verzeichnis von Durchdringungen, Anschlüssen und Abschlüssen von Dachflächen, welche die Anforderungen nach DIN 18234-3 erfüllen. Ein besonderes Augenmerk liegt nach DIN 18234 auf den Dampfsperren. Hier werden z.B. brandlastarme Dampfsperren aus PE- oder Aluminiumverbundfolien gefordert. Sonstige Dampfsperrfolien dürfen einen Heizwert von 10 500 KJ/m2 bzw. einen Brennwert von 11 600kJ/m² nicht überschreiten (Brandlastminimierung) oder die Verwendbarkeit muss über eine separate Prüfung gemäß DIN 18234-1 nachgewiesen werden.


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