Zuluftmodul für die Entrauchung

Optimale Luftschichtung durch langsame Strömungen

„Die eigentliche Gefahr bei einem Brand geht nicht von der Hitze oder den Flammen aus. Die meisten Menschen sterben an den giftigen Rauchgasen“, sagt Prof. Dr.-Ing. Thomas Winkler von der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM). „Eines der wichtigsten Ziele im vorbeugenden Brandschutz ist daher, den Rauch aus dem Gebäude abzuführen und damit die erforderlichen Rettungswege rauchfrei, zumindest aber raucharm zu halten“.

Darstellung des Zuluftmoduls „WAX LI“ als Animation.
Bild: Trox X-Fans

Darstellung des Zuluftmoduls „WAX LI“ als Animation.
Bild: Trox X-Fans
Professor Winkler ist an der THM am Institut für Gebäudesystemtechnik und erneuerbare Energie (IGE) tätig. In diesem Institut arbeiten Experten der THM fachbereichsübergreifend auf dem Gebiet der Technischen Gebäudeausrüstung zusammen und beschäftigen sich mit der effizienten Wandlung und Bereitstellung von Energie für Gebäude, Anlagen und Produktionseinrichtungen. „Das beinhaltet auch die Gebäudeautomation und -sicherheit, insbesondere Brandschutz und Entrauchungsprobleme“, so Winkler.

Und gerade das Thema Entrauchung stellt Planer und Architekten immer wieder vor Herausforderungen – unter anderem auch, weil zur effektiven Entrauchung im Brandfall hohe Anforderungen an die Nachführung von Zuluft zu stellen sind.

Rauchableitung durch Schichtung

Um die Selbst- und Fremdrettung und den Löschangriff der Feuerwehr im Falle eines Brandes zu ermöglichen, schreibt der Gesetzgeber in vielen Sonderbauvorschriften eine raucharme Schicht (Rauchableitung durch Schichtung) vor.

Der Gesetzgeber regelt durch die Bauordnung bzw. die Sonderbauvorschriften Anforderungen an die Gestaltung von Gebäuden mit dem Ziel, die Nutzung durch Personen – auch im Falle eines Brandes – sicher zu machen. Abweichungen von diesen gesetzlichen Anforderungen sind genehmigungsfähig, sofern entsprechende sicherheitsgerechte Kompensationsmaßnahmen vorgesehen werden. Zu diesen Kompensationsmaßnahmen gehört eine wirksame Entrauchung im Brandfall, die nach dem Prinzip der Schichtung arbeitet. Dabei wird der Rauch, der bei einem Brand entsteht, im Deckenbereich des Raums abgeführt, während die für die Entrauchung erforderliche Zuluft in Bodennähe einströmt. 

Oberhalb eines Brandes entwickelt sich durch dessen Wärmefreisetzung ein Thermikstrahl, der die bei der Verbrennung entstehenden Schadstoffe wie z.B. Rußpartikel in den Deckenbereich transportiert. In den Strahl mischt sich aufgrund von Reibungseffekten Umgebungs- bzw. Raumluft ein, so dass sich der in ihm transportierte Volumen- bzw. Massenstrom mit zunehmendem Abstand zum Brandherd vergrößert. Der aus dem Deckenbereich abgeführte Rauch muss aus Bilanzgründen durch (unkontaminierte) Zuluft ersetzt werden.

Sofern diese Zuluft bodennah und impulsarm in den Raum einströmt, bilden sich zwei übereinanderliegende Schichten:

eine Rauchschicht direkt unterhalb der Raumdecke und

eine raucharme Schicht im unteren Bereich.

Die Schichtgrenze zwischen raucharmer Schicht und Rauchschicht ergibt sich in der Höhe, in der der durch den Thermikstrahl transportierte Massenstrom dem aus dem Raum abgeführten Massenstrom entspricht.

Entrauchungsanlagen, die nach dem Prinzip der Schichtung arbeiten, werden in der Regel so ausgelegt, dass die Höhe ca. 2,5 m beträgt. Dies ermöglicht den Gebäudenutzern die Selbstrettung, weil Sichtbedingungen, die das Auffinden der Rettungswege ermöglichen, und eine atembare Luftqualität in der raucharmen Schicht geschaffen werden. Strömungsverhältnisse und Bilanzgrenzen beim Zusammenspiel von Feuer, Entrauchung und nachströmender Luft.
Bild: Trox X-Fans

Strömungsverhältnisse und Bilanzgrenzen beim Zusammenspiel von Feuer, Entrauchung und nachströmender Luft.
Bild: Trox X-Fans

Entscheidender Faktor ist die Nachströmgeschwindigkeit

Aber: Die beschriebene Schichtung kann sich nur bei kleinen Zuluft-Strömungsgeschwindigkeiten aufbauen. Bei zu hohen Geschwindigkeiten wird thermisch dominierte Raumströmung durch die Zuluftströmung überlagert. Die Folge sind Mischungseffekte der beiden Schichten, was zum Verlust der Schichtung führt.

Die Zuluft-Nachströmgeschwindigkeit ist daher ein wichtiges Kriterium bei Maschinellen Rauchabzugsanlagen (MRA) und ebenso bei Natürlichen Rauchabzugsanlagen (NRA). Erfahrungsgemäß sollte sie 1 m/s nicht überschreiten.

Und genau dort liegt das Problem: „Die Nachströmung mit sehr geringer und gleichmäßiger Geschwindigkeit in Bodennähe ist sowohl bei MRA als auch bei NRA notwendig. Um diese gewährleisten zu können sind in der Praxis große Zuluftflächen erforderlich – also große Öffnungen in der Gebäudehülle. So benötigt man beispielsweise für einen Volumenstrom von 25.000 m3/h bei einer Nachströmgeschwindigkeit von maximal 1 m/s schon eine Öffnung mit einer Fläche von ca. 7m2. Das ist oftmals architektonisch schwer umsetzbar und darüber hinaus auch gegebenenfalls einem energieeffizienten Betrieb eines Gebäudes nicht zuträglich“, sagt Winkler.

Und so entwickelte er gemeinsam mit seinem Team ein Zuluftmodul, durch das einerseits die notwendigen Öffnungsflächen minimiert, gleichzeitig aber die geringen Zuluftgeschwindigkeiten gewährleistet werden können.

Der Name des Zuluftmoduls: „Wand-Axialventilator Low Impulse“, kurz „WAX-LI“. Es besteht innen aus einem Textilverteilelement aus reißfestem, luftdurchlässigem Gewebematerial und außen aus einem Wand-Axialventilator. Der Textilschlauch wird im Brandfall automatisch aufgeblasen und sorgt für eine impulsarme Nachströmung. Vorführanlage auf der ISH Frankfurt.
Bild: Trox X-Fans

Vorführanlage auf der ISH Frankfurt.
Bild: Trox X-Fans

Kleine Öffnungsfläche – kleine Zuluftgeschwindigkeiten

„WAX-LI“ benötigt eine Außenwandöffnung mit einer Fläche von nur 1 m2 und spart so Energie, da die Wärmedämmung der Gebäudehülle bestehen bleibt. Das Modul kann in allen Anlagen zur Entrauchung mit Schichtbildung eingesetzt werden und lässt sich in verschiedenen Varianten mit maschinellen und natürlichen Rauchabzugsanlagen kombinieren, der Volumenstrom kann mit Hilfe eines Frequenzumrichters angepasst werden. Ein weiterer Vorteil: Das Zuluftmodul kann auch in Bestandsgebäuden unkompliziert installiert werden.

Die Lizenz zur Herstellung, Benutzung und zum Vertrieb des Moduls wurde von der THM und dem TransMIT-Projektbereich für Gebäudesystemtechnik und erneuerbare Energie an die Trox X-Fans GmbH mit Sitz in Bad Hersfeld vergeben. Trox X-Fans ist Hersteller energieeffizienter Lüftungs- und Entrauchungsventilatoren für die technische Gebäudeausrüstung und als Komplettanbieter auf Sicherheitssysteme für die Entrauchung spezialisiert. Die Lizenz erstreckt sich auf den gesamten Anwendungsbereich der Erfindung und ist zunächst bis zum Jahr 2027 befristet.

Dabei ist das Interesse der Fachkreise an „WAX-LI“ groß. „Impulsarme Nachströmung ist ein Riesenthema. Wir haben das Produkt Anfang des Jahres auf den Markt gebracht und auf der Messe Feuertrutz in Nürnberg direkt die Auszeichnung als Produkt des Jahres erhalten“ freut sich Christian Söllner, Geschäftsführer von Trox X-Fans.

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