Dynamische und permanente Anforderungen

Fachplaner Brandschutz

Da es in Deutschland kein Brandschutzministerium gibt, sind die Aufgaben auf mehrere Ministerien des Bundes verteilt. Alle mit dem Bauen direkt verbundenen Brandschutzvorgaben werden über die Bundesländer in den LBO (Landesbauordnungen) geregelt. Im Zusammenhang mit dem Arbeitsprozess und den Betriebsstätten sind die Berufsgenossenschaften aktiv. Es gibt also mehrere gesetzgebende Stellen, die leider nicht koordiniert und aufeinander abgestimmt agieren.

Anforderungen werden überwacht und geprägt von den Bauaufsichtsbehörden, der Feuerwehr und von den Feuerversicherungen, mit oft noch höheren Ansprüchen. Nicht zu vergessen, die Bauherren, die die Kosten tragen müssen und selten die Fülle der gesetzlichen Auflagen nachvollziehen können. Gesteigert wird das noch mit dem allgemeinen Anspruch, bei allen Maßnahmen den aktuellen „Stand der Technik“ zu berücksichtigen. Die Anforderungen sind also nicht nur sehr komplex, sondern verändern sich auch noch ständig. Demnach ist Brandschutz für Fachplaner eine dynamische, permanente Aufgabe.

1. Ganzheitlichkeit

Sicherheit ist nicht teilbar. Es gibt in Unternehmen etliche Sicherheitsressorts, die oft auch noch von verschiedenen Personen und Abteilungen geführt werden; aber bei einem Brand, sind meist alle betroffen. Es gibt gegenseitige Beeinflussung, Wechselwirkungen und gemeinsame Aufgaben die Fachplaner Brandschutz als Schnittstellen beachten müssen. Nur so kann z.B. vermieden werden, dass bei einem Brand durch Intrusionsschutz die Flucht- und Rettungswege versperrt sind. Einige Fachplaner wollen oder können, diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Aber Unkenntnis über Systemzusammenhänge ist häufig Ursache für Fehlplanungen. Die Notwendigkeit „über den Tellerrand zu schauen“ wird noch verstärkt durch „Bauen im Bestand“ (ca.: 70 % z.Zt. in NRW) oder Vernetzungen zwischen Gebäudeleittechnik und anlagentechnischem Brandschutz.

2. Prozessbezogene Betreuung

Fachplaner sollten ihr Brandschutzkonzept nicht nur auf die in der Planungsphase eines Bauprojektes vorgegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen beziehen. Wenn sie den „Schutz für Leib und Leben“ zu obersten Zielsetzungen verinnerlicht haben, wenn Sie wollen, dass es in dem Objekt, für das sie die Brandschutzkonzeption erstellen, möglichst nicht brennt, dann müssen sie mehr tun. Weil es in jeder Prozessphase zu Modifikationen und Fehlinterpretationen kommen kann, sollten sie ihr Konzept möglichst vollständig betreuen, d.h. auch

➤ bei dem Genehmigungsverfahren

➤ in der Bauphase (Unterstützung der Fachbauleitung Brandschutz)

➤ bei der Einbindung in Organisation und Betriebsprozess des Unternehmens

Nur durch die fachliche Begleitung über alle Entwicklungsstufen kann ein Brandschutzkonzept so in die Praxis umgesetzt werden, wie es vorgesehen war. Mit dem gleichen Ansatz kann es an Veränderungen angepasst und fortgeschrieben werden. Viele Fachplaner haben die Ergebnisse ihrer guten Ideen nie gesehen. So ist zu erklären, dass bei Analyse von Brandschutzmängeln ca. 50 % auf mangelhafte Umsetzung der Konzeption zurückzuführen sind.

3. Rechtsfragen Brandschutz

Fachplaner benötigen das Grundverständnis zum geltenden Bauordnungsrecht, über die Entstehung/Wirkung von Rechtsnormen und technischen Normen. Sie sollten die Inhalte von Bauordnungen sowie alle unter gesetzlichen Vorschriften im Sinne der Schutzziele in ihrem Brandschutzkonzept umsetzen können unter Berücksichtigung des Bauproduktenrechts und des Bestandsschutzes beim Bauen im Bestand. Vor allem sollten sie auch das Brandschutzhaftungsrecht kennen und wissen, was sie bei Nichtwissen riskieren, z. B. wenn das von ihnen erstellte Brandschutzkonzept nicht dem Stand der Technik entspricht. Die Bauherren erwarten, dass der Fachplaner alle gesetzlichen Vorschriften einschließlich der Vorgaben von Sachversicherungen beachtet.

4. Fachwissen baulicher Brandschutz

Die wesentlichen baulichen Anforderungen ergeben sich aufgrund einschlägiger Gesetze und Verordnungen differenziert nach Gebäudeklassen/Sonderbauten. Dazu müssen Fachplaner mit dem Gebäudeplanungs- und Bauprozess bestens vertraut sein und speziell über Fachwissen im baulichen Brandschutz verfügen. D.h. sie müssen wissen, wie sich Baustoffe, Bauteile und vor allem konstruktive Elemente im Gebäude bei einem Brand verhalten. Dann kann so geplant werden, dass es möglichst nicht brennt. Wenn es dann doch geschieht, können sich alle Personen rechtzeitig in Sicherheit bringen und der Schadensumfang wird durch konsequent geschottete Brandabschnitte auch in der Vollbrandphase wirksam eingegrenzt.

5. Anlagentechnischer Brandschutz

Fachplaner sollen in der Lage sein, die Eckdaten für die Anlagentechnik vorzugeben, als Grundlage für die Ausführungsplanung der Hersteller und Errichter. Mit Brandmeldeanlagen wird ein Brand zuverlässig erkannt und gemeldet, Löschsysteme bieten unterschiedliche Möglichkeiten zur gezielten Brandbekämpfung und mit der Rauchfreihaltung und -ableitung werden durch bessere Sicht und Luft zugleich die Chancen für rechtzeitige Selbstrettung, Evakuierung und erfolgreiche Brandbekämpfung erhöht. Schon deshalb bilden diese drei Systeme mit Detektion, Alarmierung, Reaktion und Intervention den Hauptinhalt des „Anlagentechnischen Brandschutzes“. Fachplaner sollten auch die Schnittstellen zur Gebäudeleittechnik und zur Security kennen.

6. Betreuung in der Bauphase

Fachunternehmen beklagen, dass ihre Produkte, z.B. zur Schottung von Öffnungen in einer Brandwand, unsachgemäß eingebaut werden und deshalb nicht sinngemäß funktionieren können. Bei größeren Bauprojekten gibt es dafür eine Fachbauleitung Brandschutz, die zur Unterstützung der Bauleitung solche Pannen vermeiden soll. Fachplaner Brandschutz müssen nicht jedes Produkt/System kennen und über spezielle Erfahrungen verfügen; aber sie sollten die typischen Fehler/Schwachstellen kennen. So könnten sie die Kontrollfunktionen am Bau wahrnehmen, bei nötigen Veränderungen der Gebäudeplanung mitdenken und ihr Brandschutzkonzept sinnvoll modifizieren.

7. Brandschutzbeauftragter

Jedes Unternehmen muss ab einer bestimmten Größe und Brandgefahr oder nach gesetzlicher Vorgabe für bestimmte Gebäudearten und Nutzungen einen Brandschutzbeauftragten bestellen. Er hat die Aufgabe, ein bestehendes Brandschutzkonzept zu adaptieren, in den laufenden Betriebsprozess zu integrieren und es auf seine Funktionsfähigkeit und die Einhaltung der Richtlinien zu überwachen. Wenn Fachplaner Brandschutz über diese Qualifikation verfügen, wissen sie, wie ihre Konzepte in der Praxis umzusetzen sind. Bei Problemen oder Änderungen können sie besser und schneller Anpassungen vornehmen.

8. Wirtschaftlichkeit

Diese Anforderung sollte aus Sicht der Bauherren an erster Stelle stehen und ständig beachtet werden. Die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit eines Brandschutzkonzeptes werden aber erst durch die vorbeschriebenen Anforderungen erkennbar. Es gibt immer mehr Planungsbüros, die ihren Kunden komplette Brandschutzbetreuung anbieten, d.h. die

➤ Erstellung einer Brandschutzkonzeption

➤ Begleitung in den Genehmigungsprozess n Fachbauleitung Brandschutz

➤ Betreuung als externer Brandschutzbeauftragter.

➤ Es gibt immer mehr Bauherren, die erkennen, welche wirtschaftlichen Vorteile für das Unternehmen damit verbunden sind.

9. Weiterentwicklung

Viele Bildungsträger und Fachinstitutionen bieten, nach mindestens fünf Jahren Praxis den Titel „Fachplaner und Sachverständiger Brandschutz“ zu erwerben. Eine gute Möglichkeit, den eigenen Reifegrad zu belegen.


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