Sicherheit für Besucher und Exponate

Brandschutzkonzept fürs Museum

Zwickau ist mit München, Ingolstadt und Stuttgart eine Wiege der deutschen Automobilindustrie. Bevor zu DDR-Zeiten der „Trabi“ vom Band lief, war es das von August Horch gegründete Unternehmen, das in den Vorkriegsjahren besonders begehrte Automobile herstellte. Heute präsentiert das August Horch Museum seinen Besuchern Leben und Werk des renommierten Autokonstrukteurs. Dazu zählen besondere Exponate – so z.B. der Horch 951 A –, der seinerzeit als Dienstwagen des deutschen Botschafters in Argentinien diente.

Ein Alleinstellungsmerkmal des August Horch Museums ist neben den automobilen Raritäten ein Präsentationskonzept, mit dem die Betrachter in das damalige Umfeld des Automobils eintauchen können. In dem neuen Erweiterungsbau wird genau auf dieses Designmerkmal besonderer Wert gelegt. Das bleibt nicht ohne Folgen für den Brandschutz. Für historische Automobile vor Kulissen, die sich mit vielen Filmstudios messen können, hat die Museumsleitung einen Plan entwickelt, welcher für Besucher und Exponate optimale Sicherheit gewährleistet. Das im Brandschutzkonzept für den neuen Gebäudeteil geforderte Löschsystem wurde ingenieur- und ausführungstechnisch durch das sächsische Unternehmen HT Protect aus Hartmannsdorf (bei Chemnitz) realisiert. Die wichtigsten Kriterien sind dabei:

➤ Flächendeckender Schutz der Ausstellungsflächen sowie des Magazins

➤ Einpassung der Löschanlage in das Design-Konzept der Präsentationsflächen

➤ Rund-um-die-Uhr-Schutz

➤ Optimale Detektierung von Entstehungsbränden sowie

➤ die Begrenzung der Brandbekämpfung allein auf den Ort des Geschehens.

Diese Vorgaben erfüllt eine vorgesteuerte „Pre-Action“ Sprinkleranlage (Typ A). Alle Rohrleitungen, die flächendeckend wie ein schützendes Netz über den Ausstellungsflächen liegen, sind im Normalzustand mit Druckluft und nicht mit Wasser gefüllt. Diese Technologie stellt sicher, dass bei einer mechanischen Zerstörung nicht sofort automatisch Löschwasser ausgebracht wird. Ein wichtiger Aspekt, denn das Museum „lebt“, Veränderungen rund um die Exponate und der direkte Zugang der Besucher soll unkompliziert möglich sein. Bei vorgesteuerten Sprinkleranlagen müssen für einen Löschangriff zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss am Sprinkler eine definierte Temperatur (i.d.R. 68°C bzw. 93°C) überschritten werden und zum zweiten ergänzend dazu ein automatischer Brandmelder (hier Rauchmelder) bzw. ein Handmelder das Feuer im gleichen Bereich „bestätigen“. Die automatischen Melder (= Rauch) nutzen dabei eine vom Sprinkler (= Wärme) abweichende andere Brandkenngröße, womit ein sehr hoher Schutz gegen Fehl- und Täuschungsalarme erreicht wird, da beide Faktoren zeitnah übereinstimmen müssen, damit Löschwasser für den definierten Löschabschnitt freigegeben wird.

Der Neubau des August Horch Museums ist in drei Brandabschnitte gegliedert. Für jeden dieser Bereiche steht eine separate Alarmventilstation zur Verfügung. Sie ist das Bindeglied zwischen dem jeweiligen mit Druckluft gefüllten Rohrnetz und dem Löschwasservorrat. Sinkt der Luftdruck im Rohrnetz ab und das Schadenereignis wird elektronisch bestätigt, gibt das Ventil das Löschwasser frei. Für den nötigen Druck und damit den raschen Löschangriff im Brandfall sorgen eine Sprinklerpumpe und ein Vorratsbehälter mit 100% der benötigten Löschwassermenge (180 m³). Dieser Verbund ermöglicht es, das Löschwasser rasch in das Rohrsystem zu pressen und zu dem Sprinkler zu leiten, unter dem die Temperatur signifikant angestiegen ist. Dieser Vorgang dauert weniger als 90 Sekunden.

Die einzelnen Sprinkler sind so angeordnet, dass ein Exemplar eine definierte Fläche, hier weniger als 12 m² der Ausstellungsfläche, sicher schützen kann. Insgesamt wurden dafür im Neubau fast 1.000 Sprinkler installiert. Mehrheitlich handelt es sich um Schirmsprinkler. Das Löschwasser wird dabei aus dem Rohrsystem gegen einen „Schirm“-Deflektor gepresst und der Brandherd mit äußerst effektiven fein verteilten Tröpfchen, die eine sehr hohe spezifische Oberfläche aufweisen, beaufschlagt. Dies führt einerseits zu einem sehr schnellen Löscherfolg und andererseits zu einer sehr geringen Belastung durch das Löschmittel und somit zu geringen Schäden.

Sprinkler bieten im Brandfall den großen Vorteil, dass Löschwasser nur an der Stelle austritt, wo es wirklich brennt. Die Erfahrungen der Versicherungswirtschaft dokumentieren: In rund 90 % der untersuchten Brandfälle reichen bis zu vier Sprinkler aus, um das Feuer sicher zu beherrschen. Häufig kann sogar ein einziger Sprinkler diese Aufgabe erfüllen. Dies ist für das Museum ein wichtiger Aspekt, denn bei den Exponaten handelt es sich durchweg um Unikate, die auch bei einem Brand möglichst unversehrt bleiben sollen.

Mit Blick auf die Brandklasse in den Ausstellungsflächen war eine präzise Berechnung der Brandlasten erforderlich. Durch Präsentationen vor historischen Kulissen war die Einordnung in OH 2 erforderlich. Damit wird berücksichtigt, dass bei den Dekorationen auch leichter brennbares Material wie Papier, Pappe und Kunststoffe zum Einsatz kommen. Die Löschwasserbeaufschlagung ist mit 5,0 mm/min ausgelegt. Die neu errichtete Sprinklerzentrale wurde so gebaut, dass auch Erweiterungen der Aggregate möglich sind, um ohne größere Neu- oder Umbaumaßnahmen z.B. weitere Brandabschnitte oder andere Schutzobjekte mit Sprinklerschutz auszustatten.

Überwachung Rund-um-die-Uhr

Für die Brandbekämpfung sind die Löschwasservorräte so dimensioniert, dass selbst große Brandereignisse so lange sicher beherrscht werden, bis die Feuerwehr gezielt die endgültige Löschung vornehmen kann. Es handelt sich um eine Wasserversorgung der 2. Art, die mit ihrer Bevorratung eine Löschzeit von mehr als 40 Minuten sicherstellt. Für die Löschzeit ist keine zusätzliche Nachspeisung über das Trinkwassernetz notwendig. Die gesamte Technik in der Sprinklerzentrale wird elektronisch auf Alarm- und Störmeldungen überwacht, was zu einer Verringerung der personellen Aufwendungen in der Kontrolle der Anlage führt. Im Gegensatz zu früheren Anlagen wird die mechanische Alarmierung hier bereits mit elektronischen Systemen (Glockenersatz) sichergestellt. Im Brandfall oder bei Störungen der Betriebsbereitschaft erfolgt in Echtzeit eine Meldung zu einer ständig besetzten Stelle (z.B. Feuerwehr und/oder zum Facility Management), damit selbst kleinste Mängel umgehend behoben werden können. Besondere Anforderungen stellt die Museumsleitung auch an das Rohrnetz in den Ausstellungsräumen. Diese technischen Installationen müssen sich unauffällig in das Designkonzept einfügen. Eine besondere Herausforderung an das Errichterunternehmen.

Fazit

Sprinkleranlagen genießen insbesondere in Museumsräumen heute bei den Betreibern eine sehr hohe Priorität. Sie haben sich als eine kostengünstige und sehr zuverlässige Form des Sachwertschutzes erwiesen, weil sie auf Exponate und Ambiente gezielt abgestimmt werden können und somit den Entstehungsbrand sicher auf eine kleine Fläche begrenzen können sowie Folgeschäden durch das Löschmittel reduzieren. Sie bieten zudem einen sehr guten Personenschutz für die Besucher und Einsatzkräfte der Feuerwehr. Die Rund-Um-Die-Uhr-Detektion und die zeitgleiche Alarmierung der Hilfs- und Rettungsdienste ermöglichen die schnelle Hilfeleistung.

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